Das geht aus einem am Donnerstag in Berlin veröffentlichten Papier hervor. Zum „12-Punkte-Plan zur Wärmewende“ gehört auch der Vorschlag, Abwärme sowie Energie aus Biomasse und auch aus Abfällen konsequenter als bisher zur Wärmeerzeugung zu nutzen.
Biomasse aus Biomüll, Altholz, Baumbeschnitt, Gartenabfällen, Waldrestholz oder Kurzumtriebsplantagen sei ein wichtiger Energieträger, um fossile Brennstoffe im Wärmebereich zu ersetzen, heißt es in dem Papier. „Wichtig ist, dass die verwendete Biomasse nachhaltig sein muss.“ Die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag festgelegt, dass eine nationale Biomassestrategie erarbeitet werden soll. Vattenfall und Berlin haben bereits seit 2011 in einer Vereinbarung festgeschrieben, dass in Berlin verwendete Biomasse so zertifiziert ist, dass sie besondere Nachhaltigkeitskriterien erfüllt.
„Nachhaltige Biomasse ist ein knappes Gut. Daher muss sie mittelfristig vor allem dort eingesetzt werden, wo sie energetisch den größten Nutzen und wo es weniger Alternativen zu ihr gibt: in der Industrie und der netzgebundenen Wärmeerzeugung“, heißt es weiter. Heute gehe „sehr viel“ Biomasse in Anwendungen, für die es Alternativen gebe. „Dort, wo es sinnvolle Alternativen zur Biomasse gibt, sollte jedoch keine Biomasse zum Einsatz kommen.“ Aus Sicht von Vattenfall sollte die Biomasse weitgehend aus der über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) geförderten Stromerzeugung herausgezogen werden.
„Die Biomasse sollte auch nicht in Neubaugebäuden oder in sanierten Gebäuden verwendet werden, was durch Anpassungen im Gebäudeenergiegesetz und in der Bundesförderung effiziente Gebäude festgelegt werden kann“, heißt es weiter. Der Einsatz von Bioölen im Benzin könne „ebenfalls ersetzt werden“, zum Beispiel durch Elektromobilität. „Das geltende Gebäudeenergiegesetz (GEG) reflektiert die notwendige Priorisierung des knappen Gutes Biomasse noch nicht.“
Der Klimawandel und der Krieg in der Ukraine zeigten, dass Klimaschutz und Versorgungssicherheit zusammengehörten und es gerade bei der Wärmeversorgung wichtig sei, unabhängiger von fossilen Energiequellen zu werden, sagt Tanja Wielgoß, Vorstandsvorsitzende der Vattenfall Wärme Berlin AG, die in der Hauptstadt für das Fernwärmenetz zuständig ist.
Abwärme aus Müllverbrennung in Städten nutzen
Der Ausbau der Fernwärmenetze sei dabei ein großer Hebel. Dafür sei ein schnelles Ausrollen der geplanten Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW) erforderlich. Der Geschäftsführer des Branchenverbands AGFW, Werner Lutsch, hält für die BEW eine Laufzeit bis 2030 und eine finanzielle Ausstattung von mindestens 2,5 Mrd. € pro Jahr nötig.
Nicht nur die Bioenergie sei für die Fernwärme ein wichtiges Element. Abwärme – etwa aus Rechenzentren, Abwasser oder industriellen Prozessen und insbesondere Energie aus Abfällen – müsse konsequenter zur Wärmeerzeugung zu nutzen als bislang. „Statt Müll aus den Städten herauszuschaffen und teils ungenutzt im Umland zu verbrennen, sollte der Abfall in den Städten verbleiben und dort nach dem Verursacherprinzip in die Klimabilanz aufgenommen werden“, fordert Wielgoß. Werde er hier statt im Umland klimaschonend verwertet, könne die resultierende Hitze für die Stadtwärme genutzt werden. In Berlin geschehe dies mit zwei Dritteln der Abfälle bereits seit den 1960er Jahren.
„Volatilen Strommarkt auf trägen Wärmemarkt abstimmen”
Perspektivisch sieht Vattenfall auch bei Erdwärme durch Tiefengeothermie und Wasserstoff wichtige Stützen der Wärmewende. „Hier ist die Zusammenarbeit zwischen Politik und Wirtschaft besonders wichtig”, so Wielgoß weiter. „Bei der Tiefengeothermie brauchen wir gezielte Anreize und Absicherungen, um Potentiale vor allem in Ballungsräumen aufzuspüren. Beim Wasserstoff ist eine belastbare Infrastruktur entscheidend.“
Darüber hinaus regt das Unternehmen an, den volatilen Strommarkt im Sinne der Sektorkopplung besser auf einen trägen Wärmemarkt abzustimmen. „Hier werden Speicherlösungen und intelligente Wärmenetze in Zukunft eine wichtige Rolle spielen“, sagt AGFW-Geschäftsführer Lutsch. Er drängt zudem darauf, das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG) anzupassen und bis 2030 zu verlängern.
Für klimafreundliche Wärmelösungen brauche es bessere Anreize. Vattenfall schlägt hier eine Reform der Wärmelieferverordnung vor, um die ansteigenden fossilen Rohstoffpreise bei Investitionsentscheidungen einzupreisen. Die Kostenneutralität zum Schutz der Mieterinnen und Mieter sei „zwar sinnvoll“, deren Berechnung decke den wahren Preis von CO2 aber derzeit noch nicht ausreichend ab. Für Investitionen sei entscheidend, neue Technologien wirtschaftlich attraktiver und erneuerbaren Strom günstiger zu machen. Davon profitierten nicht nur Stadtwärmenetze, sondern auch Wärmepumpen in Einfamilienhäusern.