Hackschnitzel: Branche sieht großes Potenzial und will Markttransparenz erhöhen


Wie das Deutsche Pelletinstitut (DEPI) darlegt, gibt es eine Reihe von Gründen für das unausgeschöpfte Potenzial. Einer liegt in einer unzureichenden Markttransparenz, der die Pelletbranche mit eigenen Pilotprojekten und Preisanalysen entgegen tritt. Eine weitere Herausforderungen liegt in schwankenden Angebotsmengen. Hemmend dürfte sich aber auch die Debatte um Feinstaubemissionen und Nachhaltigkeitsfragen rund um die Nutzung der Holzenergie auswirken.


In den vergangenen Jahren hat die Nutzung Erneuerbarer Wärme in Deutschland nicht zuletzt bedingt durch steigende Preise für fossile Energieträger sowie verbesserte Rahmenbedingungen (Förderprogramme, eingeschränkte Nutzung Ölheizung, CO2-Preis) stetig zugenommen, hält das DEPI in einer jetzt vorgelegten Marktanalyse fest. Förderprogramme für die Installation von Holzkesseln auf Bundesebene sowie zusätzlich auf der Ebene einzelner Bundesländer machten es schon in den letzten Jahren sowohl im gewerblichen als auch im privaten Bereich attraktiv, Holz zur Wärmeerzeugung zu nutzen. Die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) ermögliche es Hausbesitzern inzwischen, mindestens 45 Prozent ihrer Investitionen erstattet zu bekommen, wenn sie ihre Ölheizung durch einen Holzheizkessel ersetzen. „Diese vorhersehbare Entwicklung bei der Energiewende wird aktuell durch die kriegsbedingte Abkehr vom Gas noch extrem beschleunigt“, betont das DEPI.


Insgesamt machen erneuerbare Energieträger aktuell erst knapp 16 Prozent der Wärmeversorgung in Deutschland aus – und rund 85 Prozent dieser erneuerbaren Wärmeerzeugung wird durch Bioenergie bereitgestellt. „Holz ist dabei einer der bedeutsamsten nachwachsenden Rohstoffe“, verweist das DEPI auf Daten des Bundeslandwirtschaftsministeriums. Demnach werden 65 Prozent der Wärme aus erneuerbaren Energien in Deutschland bisher vor allem aus Holz gewonnen.


Im Jahr 2021 wurden mit 7.100 Stück über 20 Prozent mehr Hackschnitzelkessel installiert als im Jahr zuvor. Bei Pelletfeuerungen waren es sogar über 75 Prozent mehr. Hackschnitzelkessel machten nach Angaben des Heizungsindustrieverbands BDH somit 2021 mit 75.000 Einheiten im Bestand rund 7 Prozent der Festbrennstoffkessel in Deutschland aus (Pelletkessel 338.000, ca. 33 Prozent), berichtet das DEPI.


In den vergangenen Monaten, insbesondere vor Beginn des Ukrainekriegs – hatte es wiederholt Bedenken gegenüber dem Einsatz der Holzenergie gegeben. Sie gipfelten in der Forderung des Umweltbundesamts (UBA), auf das Heizen mit Holz aufgrund von Feinstaubemissionen zu verzichten. Aus Sicht der Branche handelt es sich dabei um pauschale Angriffe. Elf Verbände forderten im Februar in einem gemeinsamen Schreiben „zukünftig eine differenzierte Darstellung und Kommunikation des Umweltbundesamtes zur modernen und effizienten energetischen Holznutzung ein, um weiteren Schaden für die energetische Holznutzung und das Vorankommen der Wärmewende zu vermeiden.“


Breites Einsatzgebiet für Hackschnitzel als Wärmelieferant


Hackschnitzel seien „regional verfügbar, dezentral einsetzbar, kaskadisch nutzbar und schaffen Arbeitsplätze vor Ort“, betont das DEPI. Der Energieaufwand zur Herstellung ist dank regionaler Strukturen gering. Moderne Holzenergie mit Hackschnitzeln in automatisch betriebenen Anlagen, von der Klein-/Kombianlage bis hin zu Großfeuerungen mit Wärmenetzen sei ist heute „technologisch ausgereift, leistungsfähig und im täglichen Einsatz bewährt“, hält die Holzenergie- und Pelletbranche fest.


Hackschnitzel kommen aktuell vorwiegend in größeren Feuerungsanlagen, Holzheizwerken und Biomasseheizkraftwerken zum Einsatz. Viele Kommunen hätten die Vorzüge erkannt und griffen verstärkt auf Nahwärmenetze und Bürgerheizkraftwerke als Lösungen für lokale Wärmeversorgung zurück. Dies sorge für regionale Wertschöpfung, angefangen von der Energieholzgewinnung und -aufbereitung, dem Transport, über Planungs- und Ingenieursleistungen oder den Maschinen- und Anlagenbau bis hin zum Betrieb und Wartung der Anlagen. „Die getätigten Investitionen bleiben entlang der gesamten Wertschöpfungskette in der Region, statt für Energieimporte abzufließen“, hält das DEPI fest. Wichtig für die Umsetzung neuer Holzenergieprojekte sei eine funktionierende und professionelle Bereitstellungs- und Lieferkette in den Regionen.


Fehlende einheitliche Handelssortierung wird bei BImSchV-Anforderungen zum Problem


Hackschnitzel als Energieholzsortiment findet man in unterschiedlichsten qualitativen Ausprägungen am Markt. Die fehlende einheitliche Handelssortierung erschwere allerdings das Erreichen der für die Emissionsmessungen im Rahmen der 1. BImSchV (2. Stufe) geltenden Anforderungen, führt das DEPI aus.


Klassifiziert werden Hackschnitzel mit der seit 2014 gültigen DIN EN ISO 17225-4. Das Deutsche Pelletinstitut (DEPI) hat 2016 das Zertifizierungsprogramm ENplus-Hackschnitzel ins Leben gerufen. Auf Basis der international geltenden Norm DIN EN ISO 17225-4 definiert ENplus einheitliche Qualitätsklassen. „Ziel des Zertifizierungsprogramms ist die verlässliche Bereitstellung von standardisierten, qualitätsgesicherten Holzhackschnitzeln für Feuerungen im kleinen und mittleren Leistungsbereich.“ Damit werde nicht nur das Emissionsverhalten verbessert, sondern das gesamte Heizsystem optimiert. Mit der Einführung des Zertifizierungsprogramms sei eine „erfreuliche, wenn auch langsame“ Professionalisierung zu verzeichnen.


Wirtschaftlichkeit und Preis: Qualität und Brennstoffeigenschaften wesentlich


Durch ihre sehr stabile Preisentwicklung seien Hackschnitzel, bezogen auf den Heizwert, der günstigste moderne Holzbrennstoff. Zehn bis fünfzehn Schüttraummeter Hackschnitzel könnten mit ihrem Energiegehalt rund 1.000 l Heizöl ersetzen. Die genauen Kosten sind abhängig von der jeweiligen Qualität und den Brennstoffeigenschaften: Wassergehalt, Größenverteilung, Rindenanteil, Feinanteil, Schüttdichte und Aschegehalt sind preisbeeinflussende Faktoren.


Um die Transparenz am Markt zu steigern, erhebt das DEPI inzwischen im Austausch mit Hackschnitzelhändlern in ganz Deutschland einen eigenen Preis für Hackschnitzel. Im April 2022 hat das DEPI die Preisentwicklung des letztens Jahres für drei verschiedene marktübliche Hackschnitzelsortimente veröffentlicht, die an die ENplus-Qualitätsklassen A1, A2 und B angelehnt sind.


Preise für Hackschnitzel je nach Qualität bei 2,14 bis 3,63 ct/kWh im ersten Quartal


Die Qualitätsklasse A1 umfasst aufbereitete (Siebung, Trocknung) Hackschnitzel mit einem Wassergehalt von 10-20 Masseprozent und einem Feinanteil unter einem Prozent. Aufgrund dieser Eigenschaften kommen sie vorrangig in kleinen Kesseln, die für einen störungsfreien und emissionsarmen Abbrand auf einen guten Brennstoff angewiesen sind, zum Einsatz. Im ersten Quartal 2022 hat das DEPI hier einen mittleren Preis von 3,63 ct/kWh.


Hackschnitzelsortimente entsprechend der Qualitätsklasse A2 mit einem Wassergehalt von ca. 20-25 Masseprozent finden in Kesseln ab 100 kW, wie z.B. für kommunale Nahwärmenetze, Anwendung. Für die größeren Holzheizwerke sind Hackschnitzel der Qualitätsklasse B sehr gut geeignet. „Diese können mit höheren Wassergehalten und einem höheren Feinanteil gut umgehen“, betont das DEPI. Der Preis für entsprechende Qualität liegt im ersten Quartal bei 2,86 ct/kWh. B-Ware ist noch günstiger zu haben und kostete im ersten Quartal im Schnitt 2,14 ct/kWh.


In Schadholzzeiten variieren Angebot und Nachfrage regional und saisonal stark


Aufgrund der immer wieder aufkommenden außerplanmäßigen Zunahme des Holzeinschlags durch klimabedingte Sturmereignisse, Trockenstress und Ausbreitung des Borkenkäfers in der Bundesrepublik, stehen die Forstwirtschaft sowie die Säge- und holzverarbeitende Industrie vor großen Herausforderungen. Holz ist einer der bedeutsamsten nachwachsenden Rohstoffe. Bei der Erzeugung haben jedoch die Rohstoffbereitsteller – die Waldbesitzer – mittlerweile immer mehr Probleme, da in Schadholzzeiten Angebot und Nachfrage regional und saisonal mitunter stark variieren und die Holzvorräte unter den Schadereignissen leiden. In den Jahren 2019 und 2020 fielen in Deutschland jeweils um die 70 Mio. m³ Kalamitätsholz an. Die Schadholzmengen werden auch in den kommenden Jahren dauerhaft hoch bleiben.


„Letztlich ist der Anreiz zur Nutzung von Kalamitätsholz auch ein entscheidender Faktor zum Walderhalt, der wiederum die dauerhafte Rohstoffverfügbarkeit von Holz zur stofflichen oder energetischen Nutzung sichert“, betont das DEPI. Weil mit den zunehmenden Auswirkungen des Klimawandels Schadereignisse im Wald auf Dauer nicht mehr die Ausnahme, sondern eher die Regel sein werden, brauche es neue Denkansätze: Wie kann das zeitlich, örtlich und mengentechnisch schwankende Holzaufkommen mit einem auf Planbarkeit angewiesenen Verbrauch der Energieerzeuger vereinbart werden?


Nahwärmenetze und Holzheizkraftwerke gibt es aktuell nur in geringer Dichte


Trotz der Fortschritte bleibe der Zubau an modernen Holzfeuerungen deutlich hinter dem Möglichen zurück, heißt es von Seiten der Holzenergiebranche. Auch Nahwärmenetze und Holzheizkraftwerke gebe es nur in geringer Dichte.


Die professionelle Vermarktung habe bei den privaten Waldbesitzern in den letzten 20 Jahren nur bei wenigen eine Rolle gespielt. „Die damit verbundene unvollständige Markttransparenz bewirkt, dass es für potentielle Betreiber von Hackschnitzelkesseln momentan eher schwierig zu sein scheint, schnell und ohne großen Aufwand an die von ihnen benötigten Entscheidungshilfen zu gelangen und geplante Projekte auf diesem Sektor erfolgreich umzusetzen“, heißt es. Eine wichtige Grundlage für die professionelle Bereitstellung von Energieholzsortimenten als Voraussetzung für einen angemessenen Zubau an modernen Holzfeuerungen bilde die Vernetzung der maßgeblichen Branchenakteure. „Nur dann wird es langfristig eine erweiterte regionale Wertschöpfung geben.“


Gemeinsam mit dem Bayerischen Waldbesitzerverband und den Bayerischen Staatsforsten (BaySF) hat das DEPI daher ein Musterprojekt namens „Waldschutz – Klimaschutz – moderne Holzenergie“ skizziert, dessen Förderfreigabe durch die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) aktuell anstehe. Neben einer verstärkten Schadholzverwertung sowie der Bewerbung moderner Holzenergie soll das Projekt die professionelle Energieholzbereitstellung durch Waldbesitzer anschieben und ein Netzwerk dafür schaffen. Gegen Ende des Projektes sollen vielversprechende Konzepte und zielführende Maßnahmen auf andere Regionen und Bundesländer übertragen werden. Vertreter der genannten Zielgruppen werden daher frühzeitig über einen überregionalen Beirat in das Projekt eingebunden.


Marktpotential insbesondere in Bayern hoch


„Bayern ist in Sachen Holzenergie in Deutschland sehr gut aufgestellt“, berichtet das DEPI. Sie sei in Bayern das wichtigste Standbein der erneuerbaren Energien. Noch vor Wasser-, Wind- und Solarenergie belegten Waldhackschnitzel die Spitzenposition. Bayern vermarkte als einziger Landesforst das Energieholz noch selbst. Neben den aus dem Staatswald entnommenen Hackschnitzeln kauften die Bayerischen Staatsforsten auch Energieholz von privaten und körperschaftlichen Waldbesitzern.


In den letzten zehn Jahren habe der Stellenwert der Hackschnitzel, die in modernen Kesseln Verwendung finden, stark zugenommen. Hingegen ist zu beobachten, dass der Schnittholzmarkt rückläufig ist, verweist das DEPI auf Analysen des Zentrums für Energieholz. „Die finanzielle Förderung der energetischen Nutzung von Holz durch die bayerische Landesregierung scheint deutlich besser zu sein als in anderen Bundesländern“, hält das Deutsche Pelletinstitut fest. „Dennoch ist das Marktpotential auch hier noch nicht gehoben.“


Der Holzenergie leistet auch im durch den Kleinprivatwald geprägten und zugleich einwohnerreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen einen „wichtigen Beitrag zur Wertschöpfung in den ländlich geprägten Räumen und beim Aufbau einer dezentralen Energieversorgung mit erneuerbaren Energien“. Wald und Holz NRW unterstütze mit dem I.D.E.E. / Zentrum HOLZ in Olsberg die Akteure der Wertschöpfungskette „Energie aus Holz“, das Marktpotenzial des Brennstoffs Hackschnitzel weiter zu aktivieren.