Die Bundesregierung hat im März 2022 beschlossen, dass neue Heizungsanlagen ab dem 01. Januar 2024 mit mindestens 65 Prozent erneuerbaren Energien betrieben werden müssen. Die sogenannte 65-Prozent-Anforderung gilt für Neubauten sowie Heizungsanlagen in bestehenden Gebäuden. Damit schließt die Regel reine öl- und gasbefeuerte Anlagen aus.
Diese neue Anforderung könnte – wenn sie konsequent und ambitioniert ausgestaltet wird – dem Wärmepumpen-Rollout den notwendigen Rückenwind verleihen. Die 65-Prozent-Anforderung muss der Studie zufolge Ausnahmeregelungen eng fassen, Knappheiten (Biomasse) und Verfügbarkeiten (grüner Wasserstoff) berücksichtigen und sofort gesetzlich regeln. Denn erst eine gesetzliche Verankerung verschaffe Marktakteuren die notwendige Planungssicherheit, um Produktionsprozesse und Angebotsportfolios umzustellen, Aus-, Fort- und Weiterbildungsaktivitäten anzupassen, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln und die dafür notwendigen Investitionen zu mobilisieren.
Weiterhin notwendig sei eine Verstetigung der Breitenförderung. Zudem brauche es gezielte Förderschwerpunkte für Einsatzbereiche, die Wärmepumpen bisher nur in Einzelfällen nutzen, die durch die 65-Prozent-Anforderung aber schnell erschlossen werden müssen (vor allem Mehrfamilienhäuser).
Ausgestaltung des Energiepreisgefüges
Ein Schlüssel zur Förderung des Markthochlaufs liege in der Ausgestaltung des Energiepreisgefüges. Die aktuelle Energiekrise erfordere dabei eine gezielte Absicherung wettbewerbsfähiger Betriebskosten für Wärmepumpen. Mit Blick auf die Zeit nach der Krise ist den Studienautoren zufolge ein stetig ansteigender – im Idealfall bekannter – CO2-Preispfad notwendig, um die Wettbewerbsbedingungen für Wärmepumpen zu verbessern und eine verlässliche Planungsgrundlage für Investitionsentscheidungen zu bieten.
Mit der Abschaffung der EEG-Umlage wurden die Betriebskosten von Wärmepumpen bereits entlastet. Weitere Entlastungen sind geplant (Energie-Umlagen-Gesetz). Denkbar wäre auch die Absenkung der Stromsteuer auf den EU-Mindeststeuersatz, heißt es in dem Papier.
Mehr Fachkräfte für die Installation
Der Markthochlauf benötige auch eine Intensivierung der Maßnahmen, um der Fachkräfteproblematik zu begegnen – insbesondere durch den Auf- und Ausbau der entsprechenden Fort- und Weiterbildungsinfrastruktur. Auch wenn hier insbesondere die Marktakteure am Zug seien, so Agora, sollte der Aufbau zumindest in der Startphase durch staatliche Förderung beschleunigt werden.
Eine weitere Maßnahme bestehe in der Finanzierung von Kursgebühren und Fortbildungszeit, um Anreize zu setzen, Schulungsangebote stärker zu nutzen. Gleichzeitig sollten Ausbildungscurricula aktualisiert werden, um dem neuen Fokus auf Wärmepumpen Rechnung zu tragen. Eine vor Ort durch Multiplikatoren verankerte Informationskampagne sollte Gebäudeeigentümer und die Fachwelt darüber hinaus über die neuen Regelungen und Lösungen informieren.
Integration in Stromverteilnetzinfrastruktur
Um Wärmepumpen möglichst effizient in die Stromverteilnetzinfrastruktur zu integrieren und deren Flexibilitätspotenzial zu nutzen, bedürfe es einer entsprechenden Anreizstruktur, insbesondere durch eine zügige Umsetzung der Regelung zu steuerbaren Verbrauchsanlagen und einer beschleunigten Digitalisierung der Verteilnetze. Zudem sollten verbleibende regulatorische Hemmnisse bei der Installation von Wärmepumpen beziehungsweise der Erschließung von Wärmequellen abgebaut werden. Nicht zuletzt sollte eine aktive Standortpolitik dafür sorgen, Wertschöpfungsketten der Fertigung von Wärmepumpen in Europa sicherzustellen, schreiben die Studienautoren.
Markthochlauf bleibt hinter erforderlicher Dynamik zurück
Bislang wurden in Deutschland rund eine Million Wärmepumpen installiert. Weitere fünf Millionen Wärmepumpen müssen für das Erreichen der Klimaziele bis 2030 folglich noch hinzukommen. Das entspricht einem durchschnittlichen Zubau von 500.000 Wärmepumpen pro Jahr. Zum Vergleich: Im Jahr 2021 wurden in Deutschland rund 154.000 neue Heizungs- Wärmepumpen eingebaut. Trotz sehr guter Förderkulisse installierten Hauseigentümer 2021 immer noch fast fünfmal so viele Gaskessel wie Wärmepumpen.
Wärmepumpen werden bisher hauptsächlich in Ein- und Zweifamilienhäusern eingebaut. Die 65- Prozent-Anforderung weite den Einsatzbereich der Wärmepumpe aber deutlich aus. So prognostizieren die Studienautoren, dass sich Wärmepumpen in Gebäudesegmenten etablieren werden, in denen sie bislang nur in Einzelfällen eingesetzt wurden. Hierzu gehörten vor allem Mehrfamilienhäuser, in denen die Installation zwar eine komplexe, zumeist aber lösbare Aufgabe, darstelle.