Ein hohes Potenzial für die Wärmewende in einem der größten europäischen Ballungsräume stelle dagegen die Grubenwassernutzung und Wärmespeicherung im Steinkohlengebirge dar. Zur Beseitigung der Hemmnisse und Nutzung der Potenziale sei nun politisches Handeln angezeigt, meint Bracke.
Die Hälfte des Energieumsatzes in Deutschland geht in die Wärmeversorgung von Gebäuden und Industrieprozessen. Doch noch immer ist der Anteil von alternativer Wärme bei unter 20 Prozent. Die nachhaltige Geothermie habe genug Potenzial um den Wärmebedarf NRWs großteils zu decken. In Kombination mit Hochtemperaturwärmepumpen könnte Geothermie auch ein Viertel des Wärmebedarfes der Industrie decken, etwa in den Sektoren Nahrungsmittel, Papier, Zement, Gewächshaus oder Chemie. Vor allem in Süd-Deutschland arbeiten derzeit rund 40 geothermische Anlagen mit einer installierten Wärmeleistung von ca. 400 MW. Die Herstellungskosten liegen den Ausführungen des Fraunhofer IEGs zufolge bei ca. 2-2,5 Mio. € pro installierte Leistung von 1 MW und die Erzeugungskosten bei wettbewerbsfähigen 30 €/MWh.
Bedarf eines ambitionierten „Masterplans Geothermie NRW“
Aus Sicht der Fraunhofer IEG sollte ein ambitionierter „Masterplan Geothermie NRW“ alle Optionen der geothermischen Nutzung adressieren und ambitionierte, landesbezogene Ausbauziele benennen. Ein Handlungsfeld eines solchen Masterplans sei sicherlich die Bildung einer verlässlichen Datengrundlage. Hier böte sich eine Kombination aus den Methoden geophysikalische Erkundung und Tiefbohrung an, die den Kern einer landesweiten Explorationsstrategie bilden sollten. Die gewonnenen Rohdaten und Erkenntnisse sollten den Marktteilnehmer – etwa Projektentwicklern und Stadtwerken – unverzüglich digital zu Verfügung stehen.
Da Geothermie im überragenden öffentlichen Interesse liege, sollten Förder- und Finanzinstrumente des Landes das Fündigkeitsrisiko der oftmals mittelständigen Wärmeversorger senken. Solche Instrumente könnten das Erreichen der strategischen Ziele des Landes innerhalb der Wärmewende massiv beschleunigen, heißt es von Seiten der Forscher.
Darüber hinaus können Vereinfachungen bzw. Bündelungen von Genehmigungsverfahren nach dem Wasser-, Umweltverträglichkeitsprüfungs-, Naturschutz- und im Vergaberecht Projekte wesentlich beschleunigen. Eine Option könne die Ausweisung sog. „Go-to-Gebiete“ für Heiz(kraft)werke in der Landesentwicklungs- und Bauleitplanung sein.
Um den ambitionierten geothermischen Zubau gewährleisten zu können, müssten auch Fachkräfte- und Schulungskapazitäten entlang der gesamten Planungs-, Administrations- und Installationskette aufgebaut werden. Dem Anspruch des Industrielandes NRW auf Technologieführerschaft entsprechend sollten vorhandene Branchen und Unternehmen mit Schlüsseltechnologien der Geothermie durch gezielte Wirtschaftsförderungsmaßnahmen für den Transformationsprozess „Geothermische Wärmewende“ gestärkt werden.