Das Vorhaben war unter anderem wegen möglicher hoher Kosten für Hausbesitzer kontrovers diskutiert worden. So hatte der Eigentümerverband Haus & Grund vor einem dramatischen Wertverlust gerade bei älteren Gebäuden gewarnt. Die EU-Kommission hatte hingegen betont, dass sich Renovierungen etwa durch weniger Energieverbrauch auf lange Sicht auszahlten. Früheren Angaben zufolge sind mehrere Millionen Gebäude in der EU von dem Vorhaben betroffen.
„Wenig bis gar keine europäische Verbindlichkeit mehr in der Richtlinie“
Der zuständige Berichterstatter des Europaparlaments, Ciarán Cuffe (Grüne), sprach am Donnerstagabend davon, etwas Bemerkenswertes sei erreicht worden. Verschwendete Energie sei verschwendetes Geld. „Wir müssen den Bürgern helfen, Geld zu sparen, und sie vor schwankenden Energiepreisen schützen“, so Cuffe. Der CDU-Sozialpolitiker Dennis Radtke teilte nach der Einigung mit: „Für Millionen Eigentümer und Mieter in Deutschland ist das eine beruhigende Nachricht. Omas Häuschen ist sicher.“ Sein Parteifreund Markus Pieper sprach davon, dass nur noch wenig bis gar keine europäische Verbindlichkeit mehr in der Richtlinie enthalten seien.
Die Entscheidung geht auf einen Vorschlag der EU-Kommission zurück. Sie hatte diesen vor knapp zwei Jahren vorgelegt. Gebäude seien für rund 40 Prozent des Energieverbrauchs und rund ein Drittel der Treibhausgasemissionen in der EU verantwortlich. Wenn Häuser besser gedämmt sind oder moderne Heizungen verwendet werden, kann das den Energiebedarf senken. Die geplante Gesetzesänderung ist Teil des Klimapakets „Fit for 55“, mit dem die Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent im Vergleich zu 1990 gesenkt werden sollen.
„Genaue Ausgestaltung wird richtigerweise den Mitgliedsstaaten überlassen“
Obwohl der Kompromiss gemessen an früheren Diskussionen ein geringeres Ambitionsniveau aufweist, gibt es durchaus Zustimmung. „Die vorliegende Einigung enthält zahlreiche wichtige Maßnahmen, die den CO2-Austoß von Gebäuden senken und diese besser ins Energiesystem integrieren“, sagt Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung. Mit Blick auf die Klimaziele sei es richtig, dass die EPBD zukünftig erstmals direkte energetische Anforderungen an den Gebäudebestand stellen soll. Diese sollen in Form von Primärenergieeinsparzielen über den gesamten Gebäudebestand eines Mitgliedsstaats erfüllt werden.
„Die genaue Ausgestaltung wird richtigerweise den Mitgliedsstaaten überlassen. Entscheidend für eine sinnvolle Umsetzung in Deutschland ist, dass bereits erreichte Erfolge im Übergang auf erneuerbare Energien Teil der Lösung bleiben“, führt Andreae aus. „Beispielsweise wäre es nicht zielführend, Investitionen zu gefährden, indem Hausneuanschlüsse nur an vollständig dekarbonisierte Wärmenetze zugelassen werden.“ Entscheidend werde auch eine klare Definition des Zielbildes „Nullemissionsgebäude“ für Neubau und umfassend sanierte Gebäude sein.
Das in der EPBD vorgesehene Ende der Förderung rein fossiler Heizungen ab 2025 habe Deutschland bereits in der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) umgesetzt. Als Phase-out für fossile Energieträger beim Heizen und Kühlen wird in der EPBD 2040 vorgeschlagen. Dafür müssten Infrastrukturbelange und lange Investitionszyklen im Gebäudesektor von Anfang an berücksichtigt werden. „Dies ist wichtiger als kurzfristige Technologieverbote.“
Es sei gut, dass zukünftig im Neubau grundsätzlich eine solare Dachnutzung mitgedacht werden solle. Zukünftige Ausstattungspflichten seien auch für Deutschland eine Chance, den „regulatorischen Flickenteppich in den Bundesländern“ zu überwinden und bundeseinheitliche Regelungen zu schaffen.
Die Vorgaben zur Ladeinfrastruktur integrierten Gebäude weiter in das Energiesystem. „Es ist sinnvoll, dass auch bidirektionale Systeme nun in der Richtlinie abgebildet werden. Ihren Einsatz sieht der BDEW jedoch vorwiegend im privaten Ladebereich.“
„Aufgabe der Bundesregierung, substanzielle Sanierungsfortschritte zu erreichen“
Auch Carolin Friedemann, Geschäftsführerin der Initiative Klimaneutrales Deutschland (IKND), sieht in dem Kompromiss einen Fortschritt. „Die Einigung zur neuen europäischen Gebäuderichtlinie mit den Energieeinsparzielen für den Sektor sendet ein wichtiges Signal der Kontinuität für die Effizienz- und Wärmewende“ sagt Friedemann. „Sicherlich wären ehrgeizigere Ziele in Anbetracht des voranschreitenden Klimawandels und des nach wie vor sehr hohen Anteils an fossilen Heizungen wünschenswert gewesen. Nun gibt es immerhin mehr Planungssicherheit für Wirtschaft und Bürgerinnen und Bürger.“
Wenn Deutschland die Richtlinie richtig umsetze, könnten die verpflichtenden Sanierungen eine wichtige Konjunkturstütze für die Baubranche und das Handwerk werden. „Es ist nun Aufgabe der Bundesregierung Wege zu finden, um substanzielle Sanierungsfortschritte im Gebäudesektor zu ermöglichen. Denn der Gebäudesektor ist nach wie vor ein Sorgenkind im deutschen Klimaschutz.“ (dpa/ContextCrew)