An dem Projekt nahmen rund 20 Fahrer der Volkswagen-Modelle ID.3, ID.4 oder ID.5 im Zeitraum von Juli bis September 2022 teil. Geladen wurde über private Wallboxen und mithilfe der Smart-Charging-App von Elli. Die Ladevorgänge zwischen E-Autos und Netzbetreiber koordinierte ein Algorithmus im Hintergrund. Finanzielle Anreize optimierten das Nutzerverhalten. „Einbußen beim Ladekomfort oder Engpässe im Stromnetz gab es keine“, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung der Partner.
Das Projekt zeigte auch energiewirtschaftliche Vorteile. Mit Hilfe von smartem Laden könnten vorhandene Netze besser ausgelastet und rund 30 Prozent der CO2-Emissionen eingespart werden, die sonst bei der Erzeugung des Ladestroms entstehen. Diese Effekte werden durch die zeitliche Synchronisierung erzielt, sodass vermehrt regional produzierter Grünstrom verwendet werden kann.
Über ein Anreizsystem profitierten die Projektteilnehmenden direkt vom smarten Laden. Auf das Jahr umgerechnet konnten dank der variablen Netzentgelte über 40 Prozent der Teilnehmer ihre Stromkosten durch zeitlich flexibles Verhalten verringern. Hochgerechnet sparte der Spitzenreiter über 70 € jährlich. Entsprechend gut wurde das Lademanagement akzeptiert: 240-mal gaben Teilnehmer Flexibilitätszeitfenster für ihre Ladevorgänge an. Sie erklärten sich bereit, das Aufladen netzdienlich zu verschieben. Zum Ende des Projekts gaben mehr als 80 Prozent an, dass sie an einer Weiterführung des Versuchs interessiert sind.
In den örtlichen Stromnetzen entstanden während der dreimonatigen Testphase keine Engpässe. Vielmehr könne man mit dem Projektansatz fünfmal so viele Elektroautos an das Stromnetz anschließen. Die Technologie machte Netzeingriffe überflüssig. Wenn die lokalen Stromnetze in diesem Zuge entlastet werden, erwarteten die Unternehmen künftig leichtere Genehmigungen von Wallboxen für weitere Haushalte.
„Das Pilotprojekt mit realen Ladevorgängen und optimierten anreizbasierten Ladestrategien hat gezeigt, welchen Mehrwert Elektroautos als mobile Powerbank für das Energiesystem bieten. Das ist ein wichtiger Schritt zum bidirektionalen Laden“, sagt Niklas Schirmer, Vice President Strategy Elli.
„Smartes Laden hilft, vorhandene Netze viel besser auszulasten“
„Smartes Laden hilft, vorhandene Netze viel besser auszulasten, das ist ein Fazit des Pilotprojekts“, ergänzt Michael Lehmann, Leiter Prozess- und Systemmanagement der Mitnetz Strom. „Werden die geplanten Ladezeiten mit den Beschränkungen des Ortsnetzes abgeglichen, lassen sich bis zu fünfmal so viele Elektroautos an ein lokales Netz anschließen.“
Der Pilotversuch fand bundesweit statt. Dabei haben die Organisatoren die Infrastruktur eines von Mitnetz Strom betreuten Dorfes in der Umgebung von Halle virtuell nachgebildet, heißt es. Mit einem Niederspannungsnetz und rund 50, vorwiegend in Einfamilienhäusern lebenden, Haushalten ähnelten die dortigen Rahmenbedingungen der Situation in vielen deutschen Gemeinden. Gleichzeitig ist das Stromnetz der Mitnetz aufgrund der hohen Durchdringung mit Erneuerbaren schon heute in einer Situation, die zukünftig bundesweit immer häufiger auftreten wird.
Andere Feldergebnisse bestätigen praktische Netzdienlichkeit von E-Autos
Kürzlich hatte der Übertragungsnetzbetreiber TransnetBW über die Ergebnisse des Projekts EV-Fleet berichtet. Insgesamt haben zwischen Juni 2021 und Juni 2022 155 E-Fahrzeuge am Praxistest teilgenommen. Dabei ging es um die Regelleistungserbringung durch E-Autos. „Im Ergebnis zeigt sich, dass die Vorhaltung und Lieferung von Regelreserve aus einem virtuellen Kraftwerk bestehend aus einer Vielzahl miteinander gepoolter E-Autos nicht nur theoretisch, sondern auch in der Praxis möglich ist“, hieß es.
Ein Test von Daimler Truck und dem Übertragungsnetzbetreiber Tennet zeigte, dass die Bereitstellung von Flexibilitäten durch LKW-Kunden die Stromkosten der Flotten um bis zu 30 Prozent senken können. „Diese Kosteneinsparungen können realisiert werden ohne größere Abstriche bei der Fahrzeugverfügbarkeit zu machen“, betonten die Unternehmen. Voraussetzung hierfür seien unter anderem konstante Abfahrtzeiten, die bei Nutzfahrzeugen aufgrund gut planbarer Einsatzzeiten häufig gegeben sind. Die Bereitstellung der Flexibilitäten erfolgt auch hier durch die zeitliche Verschiebung der Ladezeitpunkte insbesondere auf die Nachtstunden.