Die Anlage besteht aus drei Systemkomponenten. Drei Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (KWK-Anlagen) mit einer Gesamtleistung von 6 MWel 6 MWth und einer Erzeugung von je 21 GWh Wärme und Strom. Weitere drei große Luft-Wasser-Wärmepumpen erreichen als innovative erneuerbare Wärmeerzeuger eine Gesamtleistung von 4,5 MW und einer Gesamterzeugung von 7,8 GWh Wärme. Dritte Komponente des Systems ist eine Power-to-Heat-Anlage als elektrischer Wärmeerzeuger, der die anderen Wärmeerzeugungsanlagen ergänzt. Ihre Leistung beträgt 1,8 MW.
Durch die intelligente Verschaltung der verschiedenen Wärmeerzeuger können iKWK-Anlagen flexibel auf Schwankungen im Stromnetz reagieren und zu seiner Stabilisierung beitragen: Ist die Strommenge gering, wird der KWK-Strom eingespeist. Bei zu hohen Strommengen wird dagegen der elektrische Wärmeerzeuger zugeschaltet und wandelt den Strom in Wärme um.
In Heidelberg ist die erneuerbare Wärmequelle damit die Luft: Drei große Luft-Wasser-Wärmepumpen entziehen der Umgebungsluft die Wärme und übertragen sie auf das Medium Wasser. Jede der drei Pumpen wälzt ca. 500.000 Kubikmeter Luft pro Stunde um. Als Niedertemperaturanlagen können sie auch fünf Grad kalter Luft noch Wärme entziehen. Sie laufen daher vor allem während der Übergangsjahreszeiten zwischen Sommer und Winter.
Die Blockheizkraftwerke (BHKW) der iKWK-Anlagen werden in den Wintermonaten von etwa Mitte Oktober bis Mitte März betrieben, die Wärmepumpen in der Übergangszeit von Mitte März bis Ende April sowie von Anfang September bis Mitte Oktober.
Im Sommer ist die Heidelberger Fernwärme schon jetzt komplett CO2-frei: Der Wärmebedarf wird in dieser Zeit ausschließlich aus der thermischen Abfallverwertung auf der Friesenheimer Insel in Mannheim, dem Holz-Heizkraftwerk und den Biomethan-Blockheizkraftwerken der Stadtwerke Heidelberg gedeckt.
Die Stadtwerke Heidelberg arbeiten seit dem Jahr 2011 am Umbau ihres Wärmesystems. Damals haben sie ihre Energiekonzeption 2020, inzwischen weiterentwickelt zur Energiekonzeption 2030, erstmals vorgelegt: 12 Jahre vor der Pflicht zur Vorlage einer kommunalen Wärmeplanung. Die Energiekonzeption 2030 fließt aktuell in die kommunale Wärmeplanung ein, die unter der Federführung des Umweltamtes in Zusammenarbeit mit den Stadtwerken Heidelberg erarbeitet wird. Rechtliche Grundlage ist das Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz des Landes Baden-Württemberg. Es verpflichtet alle großen Kreisstädte, bis Ende des Jahres 2023 vorzulegen, wie sie bis zum Jahr 2040 im Wärmesektor klimaneutral werden wollen.
Fernwärme als Schlüssel für Klimaneutralität im Wärmesektor
Die Fernwärme spiele in der kommunalen Wärmeplanung eine herausragende Rolle, da sie auf einen Schlag alle angeschlossenen Haushalte erreicht – und damit 50 Prozent aller Menschen in Heidelberg.
„Es gab eine Reihe von Herausforderungen bei dem Bau, die wir aber mit viel Glück und Einsatz in der vorgegebenen Zeit lösen konnten“, sagt Peter Erb, kaufmännischer Geschäftsführer der Stadtwerke Heidelberg Umwelt. „Hilfreich war, dass die Bundesnetzagentur allen Energieversorgern, die iKWK Anlagen gebaut haben, aufgrund der Lieferschwierigkeit infolge der Corona Situation ein halbes Jahr mehr Zeit gegeben hat, ihre Planungen umzusetzen.“ In Heidelberg konnten die Fristen aus der iKWK-Ausschreibung „punktgenau eingehalten werden“, heißt es weiter. Der erste Teil der Anlage inklusive der Power-to-Heat-Anlage ist Ende Mai in den Regelbetrieb übergegangen, die anderen folgen in diesem Sommer.
Bundesweit die erste Luft-Wasser-Wärmepumpe in dieser Dimension
Eine der Herausforderungen beim Bau der Anlage sei es gewesen, Luft-Wasser-Wärmepumpen in der geeigneten Größe auf den Märkten zu finden. „Das ist uns schließlich auf dem skandinavischen Markt gelungen“, berichtet Projektleiter Tobias Enders, Leiter Wärmetransformation bei den Stadtwerken Heidelberg Energie. „Dort werden Luft-Wasser-Wärmepumpe in dieser Größenordnung bereits eingesetzt. Bundesweit sind wir die ersten, die eine Anlage in dieser Dimension gebaut haben.“
Die Anlage erhöht den Anteil der Fernwärme-Eigenerzeugung um 4,7 Prozent auf 25,3 Prozent. Gleichzeitig steigt der Anteil der grünen Wärme und der erneuerbaren Energien an der Fernwärme um jeweils 1,3 Prozent. Der Anteil grüner Wärme an der Fernwärme liegt damit inzwischen bei 51,3 Prozent, und der Anteil erneuerbarer Energien bei 26,5 Prozent. Aktuell bereiten die Stadtwerke Heidelberg den nächsten Baustein für noch mehr grüne Wärme vor: eine Flusswärmepumpe westlich der Ernst Walz Brücke in Bergheim.