Die Erneuerbare-Energien-Branche steht in weiten Teilen hinter diesen Vorgaben, die Gasnetzbetreiber kritisieren den abrupten Übergang, der den Weg zu einer Welt mit dekarbonisierten Gasen versperre. Bis das GEG im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wird, dürfte es noch manche Änderung geben, zumal sich zwischen Grünen und FDP der nächste Zwist anbahnt.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) machte deutlich, dass er bei der Umstellung von Öl- und Gasheizungen auf klimafreundliche Wärmesysteme für die Betroffenen besondere Härten vermeiden will. „Wenn die alte Gasheizung noch funktioniert, kann sie drin bleiben. Wenn sie kaputt ist, kann man sie reparieren. Wenn sie nicht mehr reparabel ist, gibt es praktikable Übergangslösungen“, sagte Habeck der „Wirtschaftswoche“. Wenn aber etwas Neues nötig sei, „dann sollte man nicht mehr in alte fossile Systeme investieren“.
Der Minister versicherte, die Bürger würden mit der gewünschten Umstellung nicht allein gelassen. „Es muss und wird für einkommensschwache Haushalte und Haushalte mittleren Einkommens eine Unterstützung geben“, führte Habeck aus. Was nachweislich Kohlendioxid einspare und das Klima schütze, sollte „auch steuerlich gefördert werden“.
Nach einer Übereinkunft der Koalition aus dem Frühjahr 2022 soll von 2024 an möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Wichtige Details für den Übergang sind aber aktuell noch nicht festgelegt.
BEE: Nicht mehr hinter Vorgabe von 65 Prozent Erneuerbaren-Anteil zurückfallen
„Die gesetzliche Festschreibung der Nutzung von 65 Prozent erneuerbaren Energien beim Tausch bestehender und beim Einbau neuer Heizungen begrüßen wir sehr. Hinter diese Vorgabe darf die Bundesregierung nicht mehr zurückfallen“, sagt Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE). „Fossile Heizungen müssen jetzt schnell raus aus den Kellern, damit wir die Klimaziele erfüllen und für eine nachhaltige Versorgungssicherheit sorgen. Um soziale Verwerfungen zu vermeiden und die Umrüstung zu ermöglichen, muss die Reform durch ein gezieltes Förderprogramm flankiert werden.“
Insgesamt seien die Vorschläge des Wirtschafts- und Bauministeriums „ein guter erster Aufschlag“, um die Wärmewende in Deutschland voranzubringen. „Trotz großer Nachfrage nach Erneuerbaren Heizungstechnologien dominieren noch immer fossile Heizungen den Markt, denn es fehlt ein verlässlicher Rahmen für den Umstieg“, sagt Peter. „Gerade jetzt, wo die Erdgaspreise wieder sinken, ist es wichtig, dass die Bundesregierung mit der GEG-Reform dem Handwerk, der Industrie und den Haushalten signalisiert: Die Zukunft der Wärmeversorgung ist Erneuerbar.“
„Wir brauchen keine fossilen Heizungen, die sich nur klimafreundlich tarnen“
Kontraproduktiv sei deshalb die Forderung, Erdgas-Kessel unabhängig vom eingesetzten Brennstoff als Erfüllungsoption anzuerkennen, wenn sie technisch in der Lage sind, Wasserstoff zu verarbeiten („H2-ready“). Dies lehnt der BEE ab. „Auf diesen Etikettenschwindel darf sich die Bundesregierung nicht einlassen. Wir brauchen keine fossilen Heizungen, die sich nur klimafreundlich tarnen, weil die Umstellung auf Grünen Wasserstoff aufgrund fehlender Infrastruktur, fehlenden Wasserstoffs oder zu hohen Preisen am Ende doch nicht erfolgt“, so Peter.
Dass der Referentenentwurf die Vielfältigkeit regenerativer Wärmetechnologien berücksichtige, sei zu begrüßen. „Wärmepumpen, Erneuerbare Fernwärme, Biomethan, Holzbrennstoffe, Solarthermie und Geothermie sind der Wärmemix der Zukunft und die Technologien schon heute ausgereift“, sagt Peter. „Sie sind eine Versicherung gegen fossile Versorgungskrisen, wie wir sie mit der einseitigen russischen Erdgasabhängigkeit erlebt haben.“
VKU: Chancen schrittweiser Transformation kommunaler Gasnetze werden ignoriert
Ganz und gar nicht einverstanden mit den Plänen zeigt sich der Verband kommunaler Unternehmen (VKU). Die geplanten Regelungen für neue Heizungen glichen einer „ungewollten Vollbremsung“. Sie führten sowohl bei Gebäudeeigentümern als auch bei Energieversorgungsunternehmen zu enormen Unsicherheiten, sagte VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing. „Denn die erlaubten Heizungstechnologien werden sich so, gerade im Bestand, nicht 1:1 und schon gar nicht sofort realisieren lassen.“
Die Nutzung kommunaler Gasnetze würden „de facto von vornherein ausgeschlossen“, kritisiert der VKU. Die Konsequenz seien steigende Kosten für Gebäudeeigentümer und die Zurückhaltung von klimapolitisch dringend erforderliche Investitionen. Pläne, dass ab 2024 gasbasierte Heizungen nur noch eingebaut werden dürften, wenn diese sofort mit Biomethan oder grünen Wasserstoff betrieben werden, ignorierten die Möglichkeit einer schrittweisen und bedarfsgerechten Transformationsplanung kommunaler Gasnetze.
„Zwingend Übergangsfristen für Versorgung mit Wasserstoff und Biomethan erforderlich“
Der aktuelle Gesetzentwurf laufe somit in der Konsequenz auf ein Einbauverbot von gasbetriebenen Heizungen ab 2024 hinaus, „da in Deutschland zu diesem Zeitpunkt nirgendwo grüner Wasserstoff oder Biomethan in ausreichenden Mengen aus dem Gasverteilnetz beim Endkunden ankommen werden“, so Liebing weiter. Wenn die Option „grüne“ Gasheizung ernst gemeint sei, müsse es hier „zwingend ausreichende Übergangsfristen für die Versorgung mit Wasserstoff und Biomethan“ geben.
Die im Gesetzentwurf angelegte Variante hybrider Heizungen aus Wärmepumpen und Wasserstoffthermen eröffne Lösungsräume und könnte bei flexiblerer Nutzung auch den immer wieder befürchteten „fossilen Lock in“ vermeiden. „Leider ist der Gesetzentwurf auch hier viel zu eng und sieht zum Beispiel vor, dass Hybridheizungen nur in Kombination mit einem Wärmepumpenanteil betrieben werden dürfen.“
2023 massive „Lock-In-Effekte“ beim Einbau von Erdgasthermen zu erwarten
Alternative Technologiekombinationen wie zum Beispiel Solarthermie und H2-ready-Gaskessel sowie additive Erfüllungsoptionen blieben unberücksichtigt. Technologische Spielräume und auf das jeweilige Gebäude zugeschnittene Wärmeversorgungskonzepte würden eingeschränkt. „Dies führt bei Gebäudeeigentümern zu steigenden Kosten.“
Sollte §71 des GEG-Entwurfs an diesen Stellen nicht nochmals in Richtung einer tatsächlichen Technologieoffenheit angepasst werden, dann werde es in diesem Jahr zu massiven „Lock-In-Effekten“ beim Einbau von Erdgasthermen kommen, um diesen Verpflichtungen noch kurzfristig zu entgehen. Damit hätte der Gesetzgeber genau das Gegenteil dessen erreicht und für die nächsten 20 Jahre festgeschrieben, was er ursprünglich beabsichtigt hatte, so der VKU weiter.
Im abgelaufenen Jahr 60 Prozent der abgesetzten Heizungen Gaskessel
Die Vorgabe, dass Transformationspläne der Wärmenetzbetreiber bereits 2030 einen Anteil von mindestens 50 Prozent aus erneuerbaren Energien und Abwärme aufweisen, gehe über die Anforderungen der Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW) geförderten Transformationspläne hinaus und sei vor allem in großen Fernwärmenetzen „nur schwer zu erreichen“. Entscheidend sollte sein, dass ein Transformationsplan vorliegt, der die Klimaneutralität im Netz bis spätestens 2045 aufzeigt, meint der VKU-Chef.
Im abgelaufenen Jahr waren 60 Prozent der abgesetzten Heizungen Gaskessel. „Die nunmehr geplanten Regelungen sind aktuell weder im Markt umsetzbar, noch sozialverträglich“, bemängelt Liebing. „Aus VKU-Sicht wäre es besser, auf Basis der kommunalen Wärmeplanung örtlich optimale Transformationsstrategien zu entwickeln.“
BDEW: Bundesregierung fokussiert sich in der Wärmewende zu stark auf Wärmepumpen
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) kritisiert im GEG-Entwurf zu viele Detailvorgaben, die Hauseigentümerinnen und Hauseigentümern den Umstieg auf eine klimafreundliche Heizung erschwerten und hohe Kosten verursachen. Aus Sicht des BDEW fokussiert sich die Bundesregierung in der Wärmewende zu stark auf Wärmepumpen. „Für eine erfolgreiche Wärmewende braucht es stattdessen die Einbeziehung aller Wärmeversorgungsoptionen, die klimafreundlich Wärme in die Wohnungen bringen können. Dazu gehören neben den beiden wichtigen Säulen Wärmepumpe und Fernwärme auch gasbasierte Systeme – künftig allerdings betrieben mit erneuerbaren und dekarbonisierten Gasen“, bewertet die Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, Kerstin Andreae, den Entwurf in diesem Punkte ähnlich wie VKU-Chef Liebing. „Wasserstoff und Biomethan ermöglichen es, Gasheizungen und die weitverzweigte Gasinfrastruktur langfristig klimaneutral zu nutzen.“
Die FDP kündigte an, ein Verbot neuer Gas- und Ölheizungen ab 2024 verhindern. „Der FDP-Fraktion liegt kein Entwurf zum Verbot von Öl- und Gasheizungen vor. Dazu wird es auch nicht kommen“, sagte der FDP-Fraktionschef im Bundestag, Christian Dürr, dem „Tagesspiegel“. Er befürchte, dass durch ein Verbot die Bau- und Mietkosten weiter steigen. „Pauschale Verbote halte ich für falsch – stattdessen sollten wir technologieoffen bleiben und dafür sorgen, dass auch klassische Heizungen in Zukunft klimaneutral betrieben werden können“, sagte Dürr.