Bundesregierung: Großwärmepumpen spielen künftig wichtige Rolle bei Wärmeversorgung


„Die großen Energiesystemstudien, die zielkonforme Entwicklungspfade bis zum Erreichen der Klimaneutralität in Deutschland simuliert und untersucht haben, sehen alle bedeutende Anteile der Wärme aus Großwärmepumpen in der Fernwärme, allerdings mit Unterschieden im genauen Umfang.“ So gingen die Langfristszenarien des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWK) davon aus, dass langfristig mehr als die Hälfte der Wärme in Wärmenetzen durch Großwärmepumpen eingespeist wird.


„Großwärmepumpen arbeiten, genauso wie Wärmepumpen in Gebäuden, umso effizienter, je geringer der Temperaturhub, also die Differenz zwischen der Temperatur der Wärmequelle (z. B. Abwärmestrom, Oberflächengewässer) einerseits und des Heiz- bzw. Wärmenetzkreislaufs andererseits ist“, führt die Bundesregierung in ihrer Antwort aus. In städtischen oder anderweitig verdichteten Gebieten würden Wärmenetze absehbar eine wichtige Rolle in der Wärmeversorgung spielen, „weil die Kosten der Infrastruktur pro Kilowattstunde durch die hohe Wärmebedarfsdichte relativ gering sind“. Mit Hilfe von Wärmenetzen können unterschiedliche und auch räumlich entfernte Wärmequellen für die Wärmeversorgung nutzbar gemacht werden. Großwärmepumpen können dabei eine zentrale Rolle spielen.


Kohlegruben: „Ewigkeitslast“ kann als Wärmequelle genutzt werden


Geflutete Braunkohletagebaue könnten als künstliche Seen eine geeignete Wärmequelle für Großwärmepumpen darstellen, heißt es weiter. Auch die Sümpfungsgewässer der aktiven Braunkohletagebaue könnten als Wärmequelle genutzt werden, seien jedoch auf die Zeit des Abbaus der Kohle beschränkt. Da der flächendeckende Steinkohleabbau zu Geländeabsenkungen oberhalb der Grubenschächte führte, muss, um weitere Absenkungen zu vermeiden und vor Überflutungen zu schützen, dauerhaft Kohlegrubenwasser abgepumpt werden. „Diese Wassererhaltung stellt eine Ewigkeitslast dar und lässt sich insofern dauerhaft als Wärmequelle für Großwärmepumpen nutzen.“


Der Wärmebedarf der Industrie setzt sich im Jahr 2020 zusammen aus 440 TWh Prozesswärme sowie 59 TWh Raumwärme und Warmwasser, heißt es weiter. Damit liege der Schwerpunkt für die Dekarbonisierung der Industrie im Bereich der Prozesswärme. Prozesswärme wird unterteilt in den Niedertemperaturbereich (unter 100 °C), den mittleren Temperaturbereich (100-500 °C) und den hohen Temperaturbereich (über 500 °C). Heute verfügbare Wärmepumpen deckten den Temperaturbereich bis etwa 160 Grad Celsius ab, allerdings bei vergleichsweise geringen Dampfkapazitäten (etwa 1–2 Tonnen pro Stunde). Zur Hochskalierung laufen weitere Forschungs- und Pilotprojekte auf nationaler und internationaler Ebene. Hier können bereits Spitzen bis 300 Grad Celsius erreicht werden. „Wärmepumpen sind damit für die Industrie insbesondere im Niedertemperaturbereich und teilweise im mittleren Temperaturbereich relevant.“


Nachgeordnete Rolle für Wasserstoff als Alternative bei Gebäudewärme


Die Wärmegestehungskosten von Wärmepumpen nehmen mit zunehmender Anlagengröße ab. „Es ist im Einzelfall zu prüfen, ob die damit verbundenen Kostenersparnisse größer sind als die Kosten der erforderlichen Leitungsinfrastruktur“, heißt es weiter. Eine Alternative können kalte Nahwärmenetze darstellen. Dabei werden allerdings gebäudebasierte Wärmepumpen eingesetzt.


In ihrer Antwort geht die Bundesregierung auch auf die potenzielle Rolle von Wasserstoff als Alternative zur Wärmeversorgung ein und verweist auf die Fortschreibung der H2-Strategie. Darin heißt es, dass der Einsatz von Wasserstoff in der dezentralen Wärmeerzeugung nach derzeitigem Erkenntnisstand eine eher nachgeordnete Rolle spielen. „Mit Blick auf die Nutzungskonkurrenz zwischen den Sektoren Industrie, Verkehr und Gebäude ist davon auszugehen, dass in den Sektoren Industrie und Verkehr die Nachfrage nach Wasserstoff vermutlich auch bei relativ hohen oder steigenden Preisen konstant bleibt, während bei vielen Gebäuden und Quartieren Ausweichmöglichkeiten/Substitute bestehen.“ Ein direkter Wasserstoffeinsatz in der Raumwärme werde nach aktuellem Wissensstand außer in Pilotprojekten nur nach 2030 gesehen.


Förderung von Wärmepumpen in Wärmenetzen über die BEW


Gefördert wird der Einsatz von Wärmepumpen in Wärmenetzen im Rahmen der Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW). Das Programm  unterstützt die Errichtung von Wärmenetzen mit mindestens 75 Prozent Wärmeeinspeisung aus erneuerbaren Energien und Abwärme und Ausbau und Transformation bestehender Wärmenetze mit dem Ziel der Umstellung auf vollständige Treibhausgasneutralität bis 2045. In diesem Rahmen werden Investitionen in Großwärmepumpen, Wärmespeicher und Rohrleitungen sowie weitere Erzeugungsanlagen und Fernwärmeinfrastruktur mit bis zu 40 Prozent der förderfähigen Kosten gefördert. Für Großwärmepumpen und Solarthermieanlagen ist auch eine Betriebskostenförderung möglich.


Des Weiteren werden Großwärmepumpen in Wärmenetzen als Bestandteil von Innovativen Kraft-Wärme-Kopplungssystemen (iKWK) nach dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG) gefördert. In der iKWK-Ausschreibung wird nicht die Großwärmepumpe selbst gefördert, sondern die die KWK-Anlage als Kernkomponente eines iKWK-Systems.


Welche Hemmnisse stehen dem Hochlauf von Großwärmepumpen entgegen?


Die Bundesregierung hat der Antwort zufolge ein Vorhaben vergeben, um die Hemmnisse für den Hochlauf von Großwärmepumpen zu identifizieren und Lösungsansätze zu entwickeln. „Dabei handelt es sich im Wesentlichen um wirtschaftliche und informative Hemmnisse sowie Hemmnisse bei Genehmigungsverfahren, technische und regulatorische Hemmnisse.“ Die Regierung habe bereits verschiedene Maßnahmen ergriffen, die diesen Hemmnissen entgegenwirken.


Vielen wirtschaftlichen Hemmnissen etwa begegnet die BEW mit der Betriebskostenförderung für Großwärmepumpen. Informative Hemmnisse seien unter anderem im Reallabor Großwärmepumpe adressiert, in dem an fünf Standorten verschiedene Wärmequellen für Großwärmpumpen unterschiedlicher Größe realisiert werden. „So können Erfahrungen in der Genehmigung, im Bau und im Betrieb gesammelt werden, die dann in Leitfäden und Fact Sheets für die Branche zugänglich gemacht werden.“ Auch viele technische Fragen würden dort bereits adressiert.


Technische Hemmnisse werden zudem durch die Forschungsförderung des 8. Energieforschungsprogramm zur angewandten Energieforschung adressiert. Forschungsziele seien hier unter anderem Effizienz- und Leistungssteigerung und Erprobung von Großwärmepumpen sowie die Weiterentwicklung von Hochtemperaturwärmepumpen. „Dabei spielen auch die Skalierung der Fertigungstechnologien, klimaneutrale und umweltfreundliche Kältemittel sowie die Systemeinbindung der Großwärmepumpen eine Rolle (z. B. Lastflexiblität, Integration bei Wärmenetzauslegung und -betrieb, Matching zu Wärmequellen und -speichern).“


Beschleunigungsgesetz für Verfahren zur Genehmigung von Großwärmepumpen


Um Genehmigungsverfahren zu vereinfachen und zu strukturieren arbeite die Bundesregierung derzeit an einem Beschleunigungsgesetz für Geothermie und Großwärmepumpen. „Genehmigungsfragen sollen dabei zentralisiert und digitalisiert werden und die Entscheidungsprozesse so verschlankt werden, dass die von der RED III vorgegebenen Verfahrensfristen eingehalten werden können“, führt die Bundesregierung aus.


Darüber hinaus soll perspektivisch ein Leitfaden erarbeitet werden, um weitere Fragen im Planungs- und Genehmigungsverfahren zu klären und zu standardisieren. „Sowohl den Planenden als auch den Genehmigungsbehörden sollen so alle relevanten Informationen an die Hand gegeben werden, die für eine schnelle Umsetzung von Projekten relevant sind.“