„Leitungsgebundene Wärme, gerade auch mit Bioenergie wie Holz und Biogas, spielt eine Schlüsselrolle bei der Transformation des Wärmesektors und der Substitution fossiler Energien“, sagt HBB-Leiterin Sandra Rostek. Fernwärmeversorgungsunternehmen (FVU) bräuchten Gewissheit, dass sie ihre Kunden behalten, wenn sie erneuerbare Wärmeerzeugungsanlagen bauen und mit steigenden Kosten zu rechnen haben. „Die Neuverhandlung von Verträgen wegen veränderten Kosten führt nur zu Unsicherheiten und einem enormen Aufwand. Dies hemmt Investitionen, statt die Wärmewende voranzutreiben.“
Die Bioenergieverbände fordern daher die erneute Aufnahme von § 24a des vorherigen Entwurfs, Er stelle sicher, dass bestehende Verträge zwischen Fernwärmeversorgungsunternehmen (FVU) und Kunden fortgesetzt werden, wenn das FVU entscheidet, die Energieträger zu wechseln oder die Beschaffungsstruktur anzupassen. Zusätzlich brauche es ein Preisanpassungsrecht, das es ihnen ermöglicht, Sprunginvestitionen zur Defossilisierung von Fernwärmesystemen weiterzugeben.
Rostek: Erleichterungen oder Ausnahmen für kleine Netze sind aus unserer Sicht sehr wichtig
Laut Rostek müsse ein FVU, welches beabsichtigt, fossile durch erneuerbare Energieträger auszutauschen, die Gewissheit haben, bestehende Lieferverträge zu behalten. Andernfalls würden FVU abgeschreckt und sich gegen investitionsintensive, klimaschonende Anpassungen im Wärmenetz entscheiden. „Mit der Änderung und der damit verbundenen vertraglichen Unsicherheit für Unternehmen bliebe der Klimaschutz auf der Strecke.“
Darüber hinaus sollten laut der Leiterin des HBB mit der Novelle der AVBFernwärmeV Kleinstnetze nicht übermäßig belastet und mit großen Netzen gleichgesetzt werden. „Sinnvolle Erleichterungen oder Ausnahmen für kleine Netze sind aus unserer Sicht sehr wichtig, weil sie völlig anderen Rahmenbedingungen unterliegen und andere Möglichkeiten haben als große Netze.“ Im Gegensatz zum vorherigen Verordnungsentwurf sei die Definition für Kleinstnetze verschärft worden. Ein Kleinstnetz sollte im Sinne der Fernwärmeversorger von kleinen Netzen nach ein Wärmenetz sein, welches eine thermische Gesamtnennleistung von weniger als 6 MW oder nicht mehr als 300 Hausanschlüsse versorgt, sagt Rostek.
„Diverse Änderungen des neuen Referentenentwurfes sind für den Ausbau der Fernwärme wenig förderlich“
Auch die Energieverbände BDEW und VKU haben bereits deutliche Kritik an dem neuen Entwurf geübt und empfehlen nun in einer gemeinsamen Mitteilung, die AVBFernwärmeV in der vorliegenden Form nicht im Kabinett zu verabschieden. „Diverse Änderungen des neuen Referentenentwurfes sind für den Ausbau der Fernwärme wenig förderlich, könnten ihn sogar gefährden“, erklären Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, und Ingbert Liebing, VKU-Hauptgeschäftsführer. Während es dem ersten Referentenentwurf vom Juli 2024 noch gelungen sei, die Verbraucher- und Versorgerinteressen miteinander in Einklang zu bringen, misslinge dies nun völlig.
Die beiden Verbände kritisieren wie das HBB die geplanten Wirkung von Investitionen in die Infrastruktur auf die Kundenbeziehungen. Wenn Versorger von fossiler auf erneuerbare Wärme, wie etwa aus einer Großwärmepumpe, umsteigen und dafür viel Geld in die Hand nehmen, müssten sie neben einvernehmlichen Vertragsanpassungen ggf. Kunden kündigen und Neuverträge anbieten, wenn damit andere Kostenstrukturen einhergehen.
Versorger sollten Kosten „vernünftig umlegen können“
„Diese im Raum stehenden Kündigungen führen zu einer immensen Investitionsunsicherheit, zumal mit dem Wärmeplanungsgesetz Fernwärmeversorger zur Dekarbonisierung ihrer Netze verpflichtet sind, und sich dadurch Kostenstrukturen verändern müssen“, geben BDEW und VKU zu bedenken.
Für neue Netze ist am März 2025 der Einsatz von Erneuerbaren Energien oder unvermeidbarer Abwärme zu 65 Prozent vorgegeben. In Bestandsnetzen muss der Anteil an erneuerbarer Wärme bis 2030 mindestes 30 Prozent betragen, bis 2040 mindestens 80 Prozent. „Wenn Fernwärmebetreiber intendierte Investitionen tätigen, sollte sichergestellt sein, dass sie diese Kosten vernünftig umlegen können – ohne gleich Gefahr zu laufen, Verträge kündigen zu müssen”, so Andreae und Liebing.
Die im Entwurf skizzierten umfassenden Veröffentlichungspflichten erhöhten zudem den bürokratischen Aufwand enorm, ohne dass die Verbraucher einen Mehrwert davon hätten. Das verteuere die Fernwärme künstlich. „Die Novelle muss Verbraucherschutz und Investitionssicherheit gleichermaßen berücksichtigen.“