Wasserstoff-Kernnetz: Gasspeicherverband INES sieht noch Nachbesserungsbedarf


Im Einklang mit dieser Perspektive stehen die angenommenen Elektrolyse- und Terminalkapazitäten. Während die Importkapazitäten an Grenzübergangspunkten über die längerfristige Bedarfsperspektive hinaus dimensioniert werden, beinhalteten die Planungen für Wasserstoffspeicher nur aktuell bekannte Projekte. „Durch eine stärkere Berücksichtigung von Speicherkapazitäten und eine Reduktion der Importkapazitäten ließen sich die Transportanforderungen in den gewählten Lastfällen zur Auslegung des Wasserstoff-Kernnetzes verringern.“


Der Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur soll mit der Planung und Errichtung eines Wasserstoff-Kernnetzes erfolgen. Ein aktueller Gesetzesentwurf sieht vor, dass die Fernleitungsnetzbetreiber (FNB) nach Inkrafttreten des Gesetzes der Bundesnetzagentur (BNetzA) einen Antrag mit Maßnahmen zur Errichtung des Wasserstoff-Kernnetzes vorlegen. Um eine zeitnahe Genehmigung nach Vorlage des formellen Antrages zu begünstigen, haben die FNB das Wasserstoff-Kernnetz bereits modelliert und der BNetzA am 15. November 2023 einen Antragsentwurf vorgelegt. Die BNetzA hat diesen Antragsentwurf bis zum 8. Januar 2024 zur Konsultation gestellt.


INES hält mit Blick auf den Entwurf mehrere Beobachtungen fest:


⮚ Die in der Planung angenommenen Wasserstoffverbräuche im Umfang von maximal 80 GW th bzw. 269 TWh th überstiegen den tatsächlichen Wasserstoffbedarf im Jahr 2032 aller Voraussicht nach deutlich. Es handele sich dabei also um eine Bedarfsperspektive zur Netzauslegung, die erst für deutlich spätere Jahre zu erwarten ist.

 

⮚ Für die inländische Wasserstoffproduktion über Elektrolyseure werden Einspeisungen für das Jahr 2032 angenommen (in Höhe von 88 TWh th), die voraussichtlich erst für deutlich spätere Jahre zu erwarten sind. Mit der angenommenen längerfristigen Bedarfsperspektive steht diese Planungsprämisse im Einklang.


⮚ Die angenommenen knapp 16 GWh th pro Stunde Terminalkapazitäten zum Wasserstoffimport sind mit Blick auf die längerfristige Bedarfsperspektive nachvollziehbar.


⮚ Die angenommenen Importkapazitäten an Grenzübergangspunkten (GÜP) im Umfang von über 58 GWh th pro Stunde könnten trotz der längerfristigen Bedarfsperspektive im Jahresdurchschnitt nur zu knapp 12 Prozent ausgelastet sein. Die GÜP scheinen also um ein Vielfaches überdimensioniert zu sein, obwohl ein Auslegungsfall zugrunde liegt, der eher ein Zielsystem im Jahr 2045 bzw. 2050 beschreibt.


⮚ Die angenommenen Wasserstoffspeicherkapazitäten im Umfang von rund 8 GWh th pro Stunde (Ausspeicherkapazitäten) deckten den Flexibilitätsbedarf, der sich aus der vorgesehenen Bedarfsperspektive im Umfang von 49 GW th ergeben könnte, nur zu knapp 17 Prozent. Da die Kernnetzplanung in allen anderen Aspekten weit über den Zeitraum 2032 hinausgeht, erscheint es inkonsistent, dass der Kernnetzplanung nur aktuell bekannte Wasserstoffspeicherprojekte zugrunde gelegt wurden.


⮚ Im Lastfall „Winter“ wird eine sehr hohe Auslastung umfangreicher Importkapazitäten in der Region Nord angenommen, die Transportanforderungen zwischen Nord und West im Umfang von knapp 23 GW th verursacht. Diese Transportanforderungen können in erheblichem Umfang reduziert werden, wenn Importkapazitäten in der Region Nord durch Speicherkapazitäten in der Region West substituiert werden. In vergleichbarer Weise könnten die Transportanforderungen zwischen der Region Nord und Ost reduziert werden.


⮚ Die Herbstlastfälle offenbaren, dass die sehr großen, der Netzplanung zugrunde gelegten, Importkapazitäten bei regionaler Vollauslastung umfangreiche Flexibilitäten auf der Abnahmeseite erfordern. Vor allem die beiden Herbstlastfälle Nord und West zeigten, dass eine signifikante Erhöhung der Verbrauchslasten um bis zu 21 GW th erforderlich ist, wenn Wasserstoffspeicherkapazitäten nur unzureichend angenommen werden.


Vor dem Hintergrund der durchgeführten Analysen empfiehlt INES, mehrere Maßnahmen zu ergreifen, um Risiken bei der Wasserstoffnetzplanung zu reduzieren. So sollte dDie angenommene Nachfrageperspektive zeitlich neu eingeordnet werden, weil es sich dabei vielmehr um eine längerfristige Bedarfsperspektive handelt, die erst weit nach 2032 zu erwarten ist. Ausgehend von der längerfristigen Bedarfsperspektive sollte zudem eine fundierte Analyse der Wasserstoffquellen außerhalb Deutschlands durchgeführt werden, um sachgerecht über die Allokation von Importkapazitäten (GÜP und Terminals) zu entscheiden.


Speicherkapazitäten sollten Importkapazitäten substituieren, die bislang zur Flexibilitätsbereitstellung eingeplant werden, um die Transportanforderungen im Wasserstoffnetz zu optimieren, lautet eine weitere Empfehlung von INES. Dazu sei es erforderlich, die angenommenen Speicherkapazitäten an der längerfristigen Bedarfsperspektive auszurichten. „Der angenommene Umfang an Wasserstoffspeicherkapazitäten (aktuell bekannte Projekte) passt nicht zur abgebildeten Bedarfsperspektive, die weit über das Jahr 2032 hinaus reicht.“


Ein Finanzierungskonzept sollte grundsätzlich verhindern, dass die FNB ökonomische Risiken einer Fehlplanung auf andere Akteure (Staat, Erdgasmarkt) verlagern können, heißt es weiter. Es sollte deshalb eine Quersubventionierung vermieden und eine angemessene Risikobeteiligung durch Selbstbehalt an den Fehlbeträgen des Amortisationskontos sichergestellt werden.