Großbatteriespeicher: Debatte in Deutschland und Rekordprojekte bei Nachbarn in Europa



Am britischen Energiemarkt entstehen bereits seit Jahren große Speichervorhaben, jüngst hat der Technologieanbieter Wärtsilä den Auftrag zur Lieferung eines 300 MW / 600 MWh Speicherprojekts in das schottische Kilmarnock bekannt gegeben. Das Projekt wird im Rahmen des NOA Stability Pathfinder-Programms des National Grids Großbritanniens durchgeführt, das darauf abzielt, Stabilitätsprobleme im Stromnetz, die durch die zunehmende Nutzung intermittierender erneuerbarer Energiequellen entstehen, kosteneffizient anzugehen.


Im belgischen Dilsen-Stokkem soll das Green-Turtle-Projekt entstehen, das auf eine Leistung von 600 MW und eine Kapazität von 2,4 GWh ausgelegt ist und damit aus heutiger Sicht bei Fertigstellung das größte Speicherprojekt in Europa sein wird. Auch das geplante Speicherprojekt Mufasa in den Niederlanden spielt mit 364 MW Leistung und 1,5 GWh Kapazität in einer ähnlichen Liga. Etwas kleiner ist eine Vorhaben, das Rolls-Royce in Lettland umsetzt, die 80 MW / 160 MWh-Anlage wird an zwei Standorten umgesetzt und soll im Herbst des kommenden Jahres an den Start gehen.


Baltische Staaten synchronisieren Netz 2025 mit kontinentaleuropäischem Stromnetz


Den Auftrag für das Speicherprojekt hat Rolls-Royce hat vom lettischen Übertragungsnetzbetreiber Augstsprieguma tikls (AST) erhalten. Die mtu-Batteriegroßspeicher-Anlage soll der Sicherung des lettischen Stromnetzes dienen. Lettland wird im Jahr 2025 gemeinsam mit den anderen baltischen Staaten sein Energieversorgungssystem mit dem kontinentaleuropäischen Stromnetz synchronisieren. „Wir sind stolz darauf, einen wesentlichen Beitrag zu diesem wichtigen und sicherheitskritischen Projekt in Lettland leisten zu können“, sagt Jörg Stratmann CEO von Rolls-Royce Power Systems. „Die Anlage für Lettland ist unser bisher größter Batteriespeicher.“


Rolls-Royce wird den Batteriegroßspeicher mtu EnergyPack QG mit einer Leistung von 80 MW und einer Speicherkapazität von 160 MWh liefern. Der Auftrag umfasst ebenso Generalunternehmer-Leistungen wie die Installation und die Inbetriebnahme. Ein 20 MW / 40 MWh-Batteriespeicher wird im AST-Umspannwerk in Tume realisiert, ein 60 MW / 120 MWh-Batteriespeicher entsteht im AST-Umspannwerk in Rezekne. Das System soll die schnellen und automatisch aktivierten Frequenzregelungsreserven bereitstellen, die für den Synchronisationsmodus benötigt werden, bei dem die baltischen Stromübertragungssysteme synchron mit den kontinentaleuropäischen Netzen arbeiten. „Das Batteriesystem wird die Strom-Reserven zu deutlich niedrigeren Kosten bereitstellen als die vorhandenen konventionellen Kraftwerke“, betont Rolls-Royce. Der Technologieanbieter und AST haben einen 5-Jahres-Vertrag für die Wartung der Anlage und eine Verfügbarkeitsgarantie abgeschlossen.


Projektentwickler legen Fokus auf strategisch günstige Standorte für Speicherprojekte


Das niederländische Speicherprojekt Mufasa soll im Jahr 2026 den kommerziellen Betrieb aufnehmen. Mit der Nennkapazität von 364 MW und 1.457 MWh werde Mufasa nach seiner Inbetriebnahme voraussichtlich das größte BESS für Versorgungsunternehmen in den Niederlanden sein, berichtet der Projektentwickler Lion Storage.


Mufasa entsteht „strategisch günstig“ im Hafen von Vlissingen (Nordseehafen), einem der aufstrebenden Energiezentren der Niederlande. „Mit direktem Zugang zum Hochspannungsnetz von Tennet und in der Nähe mehrerer großer Wasserstoff-Elektrolyse- und Offshore-Windprojekte, die derzeit entwickelt werden, wird Mufasa ein wichtiger Bestandteil der gut entwickelten Energie- und Industrieinfrastruktur des Nordseehafens sein“, heißt es bei Lion Storage.


Mufasa wird den Planungen zufolge auf allen Großhandelsmärkten für Strom und Hilfsdienste tätig sein und die weitere Integration von Strom aus erneuerbaren Energiequellen in das Stromnetz erleichtern, während es gleichzeitig Systemdienstleistungen anbietet, die das Systemgleichgewicht, die Netzstabilität und die langfristige Versorgungssicherheit gewährleisten.


GIGA Storage will bis 2030 eine installierte Leistung von 5 GW erreichen


Das aus heutiger Sicht größte geplante BESS in Europa ist das belgische Vorhaben Green Turtle. Auch hier haben die Projektentwickler einen strategisch günstigen Standort ausfindig gemacht: Das Projekt liegt direkt bei einer neuen 380-kV-Hochspannungsstation. „Durch die Entwicklung von groß angelegten Energiespeichern an strategischen Standorten werden die Energiepreise stabiler, und wir werden weniger abhängig vom Import fossiler Energie“, sagte Ruud Nijs, CEO von GIGA Storage anlässlich der Vorstellung des Projekts. GIGA Storage will bis 2030 eine installierte Leistung von 5 GW erreichen. Projekte wie eine große Batterie im niederländischen Delfzijl seien bereits in Entwicklung, in den kommenden Jahren sollen zudem mehrere Projekte in verschiedenen europäischen Ländern dazukommen.