Mehr als 160 Teilnehmer aus rund 100 unterschiedlichen Unternehmen waren beim ersten ASEW-Austausch dabei: „Das zeigt eindrücklich, wie breit das Interesse am Fall Landwärme in der Branche ist“, heißt es seitens der ASEW. Anders als beim zunächst sich aufdrängenden „Parallelfall“ bmp greengas treffe die Insolvenz allerdings nicht ausschließlich den Biomethan-Markt (45 Prozent der vertretenen EVU), sondern auch Unternehmen, die ihre THG-Quote über die Landwärme handeln (55 Prozent der vertretenen EVU).
Die Themen THG-Quote und Biomethan werfen laut ASEW verschiedene, noch ungeklärte juristische Fragestellungen auf. „Die Insolvenz von Landwärme trifft die Stadtwerkewelt empfindlich – es geht beim THG-Quotenhandel um erhebliche Summen, die nicht nur die Stadtwerke, sondern aufgrund der eingereichten Fahrzeugscheine auch Privat- und Gewerbekunden, betreffen. Wann und in welcher Höhe die Gelder fließen werden, ist derzeit völlig ungewiss“, sagt ASEW-E-Mobilitätsexperte Hanno Ahlrichs.
Preisverfall für den THG-Quotenhandel hält bereits seit vielen Monaten an
Erschwerend komme hinzu, dass der Preisverfall für den THG-Quotenhandel bereits seit vielen Monaten anhält. Die von Landwärme vertraglich zugesagten Vergütungen seien demzufolge deutlich höher als die aktuellen Marktpreise. „Landwärme könnte somit ein Interesse daran haben, die bereits eingereichten Quoten nicht in vollem Umfang zu erfüllen“, sagt Ahlrichs. Zusätzlich komme teilweise Zeitdruck zum Tragen: Quoten aus KFZ-Scheinen für 2024 müssen beim UBA bis zum 15. November eingereicht werden.
Landwärme hatte in den vergangenen Monaten vermehrt darauf hingewiesen, dass sich die Anrechnung von falsch deklariertem Biodiesel sowie Betrugsfälle bei Upstream Emission Reduction (UER)-Projekten stark negativ auf die THG-Quotenpreise ausgewirkt haben. „Problem hierbei ist, dass die fälschlicherweise anerkannten Mengen, die vorzugsweise aus China kamen, selbst nach Aufdeckung von Ungereimtheiten, anfangs nicht aberkannt wurden“, heißt es seitens der ASEW weiter. Zumindest bei den UER-Projekten steht dies aber gerade politisch intensiv zur Diskussion. Laut Umweltbundesamt existieren weltweit 75 UER-Projekte, 66 davon in China, von denen wiederum 45 unter Verdacht von betrügerischen Machenschaften stehen.
„Im Bereich Biomethan stellt sich die Situation etwas anders dar.“ Hier überwögen langlaufende Verträge zwischen Landwärme und der Stadtwerkewelt. „Die für Landwärme aufgrund des Preisverfalls für Biomethan der letzten Monate ‚nachteiligen‘ Verträge werden aktuell vom Unternehmen eher nicht erfüllt“, sagt Kara Hoffmann, Gruppenleiterin Ökoenergien bei der ASEW. „Das ist durchaus eine Parallele zum Fall bmp greengas. Doch erst die Insolvenzeröffnung im November wird zeigen, wie groß der Kreis der Betroffenen und der Schaden in der Energiewelt wirklich ist. Aktuell sind in jedem Fall bereits erste Liefereinstellungen bekannt. Auch gab es erste Forderungen nach höheren Preisen.“
ASEW: Schaden mindestens im hohen zweistelligen Mio.-€-Bereich
Die ASEW könne die gesamte Schadenshöhe aktuell nur grob abschätzen. Eine nicht repräsentative Erhebung unter den Teilnehmern des Austausches gebe „zumindest eine Ahnung“ von der Schadensdimension. Allein die anwesenden Unternehmen repräsentierten demnach einen hohen zweistelligen Millionenbetrag als Schadenssumme. „Auch wenn die Hälfte der uns bekannten Unternehmen ein nur noch bis zum Jahresende laufendes Vertragsverhältnis mit Landwärme hat, könnte sich diese Schadenssumme erheblich steigern. Denn die Verträge der anderen Hälfte laufen deutlich länger, teilweise über das Jahr 2028 hinaus“, so Hoffmann weiter.
Als „besonders ungünstig“ bewerte die Stadtwerkewelt das aktuelle Kommunikationsverhalten von Landwärme, heißt es bei der ASEW weiter. Mehr als die Hälfte der Unternehmen hätten auf eigene Initiative hin keinen Erfolg mit Kontaktversuchen gehabt. „Nur etwas mehr als ein Zehntel wurde kontaktiert oder hatte Erfolg mit eigenen Kontaktversuchen. Beim Rest hat es keine Kontaktaufnahmeversuche gegeben.“
Die ASEW werde das Thema weiterverfolgen, für den 24. Oktober ist bereits ein Folgeaustausch angesetzt, der in Kooperation mit dem Verband kommunaler Unternehmen (VKU) durchgeführt wird. Interessierte Teilnehmer würden darüber hinaus am 16. Oktober mit Informationen zu alternativen Dienstleistern im Bereich Biomethan versorgt.