Die Bundesregierung hat sich im Rahmen des Wachstumspakets für die Wirtschaft auch auf die Kraftwerksstrategie geeinigt. Die Einigung ist auch mit den Dienststellen der Europäischen Kommission abgestimmt. „Das Kraftwerkssicherheitsgesetz ist ein erster Schritt“, heißt es beim BMWK. Im Vorgriff auf einen umfassenden Kapazitätsmechanismus werden insgesamt 12,5 GW an Kraftwerkskapazität und 500 MW an Langzeitspeichern ausgeschrieben. Die Umsetzung erfolgt im Rahmen des Kraftwerkssicherheitsgesetzes in zwei Säulen.
In einer ersten Säule sollen 5 Gigawatt an neuen wasserstofffähigen Gaskraftwerken und 2 GW an umfassenden wasserstofffähigen Modernisierungen ausgeschrieben werden, die als Beitrag zur schnellen Dekarbonisierung des Kraftwerksparks ab dem achten Jahr ihrer Inbetriebnahme oder Modernisierung auf den Betrieb auf grünen oder blauen Wasserstoff gemäß Nationaler Wasserstoffstrategie umstellen müssen. Hinzu kommen 500 MW an reinen Wasserstoffkraftwerken, die sofort mit Wasserstoff laufen (Wasserstoffsprinter) und 500 MW Langzeitspeicher. Bei den Kraftwerken werden Investitionskosten (Capex) und ab dem Umstieg auf Wasserstoff für 800 Vollbenutzungsstunden im Jahr die Differenzkosten zwischen Wasserstoff und Erdgas (Opex) gefördert.
In einer zweiten Säule werden noch einmal 5 Gigawatt neue Gaskraftwerke ausgeschrieben (Capex), die insbesondere in Dunkelflauten einen Beitrag zur Versorgungssicherheit leisten. „Diese stellen quasi eine ‚Brücke‘ in einen umfassenden, technologieoffenen Kapazitätsmechanismus dar, der ab 2028 operativ sein soll“, führt das BMWK weiter aus.
Kraftwerke sollen überwiegend im „netzdienlichen Süden” errichtet werden
Die Kraftwerke sollen jeweils überwiegend im sog. „netztechnischen Süden“ Deutschlands zugebaut werden, um Redispatchkosten zu senken und zur Netzstabilität beizutragen.
„Das Kraftwerkssicherheitsgesetz bringt jetzt 3-mal Schwung im Kraftwerksbereich“, sagt Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. „Erstens wird die Modernisierung hin zu einem dekarbonisierten Kraftwerkspark angestoßen, weil wir für einen Teil der Kraftwerke einen konkreten Wasserstoffumstiegspfad vereinbart haben. Zweitens wird die Entwicklung der neuen Wasserstoff-Kraftwerkstechnologie gefördert und ein wichtiges Abnahmesignal für den Wasserstoffhochlauf gesendet und drittens wird der Kohleausstieg durch den Zubau neuer Kraftwerke und damit auch die Versorgungssicherheit zusätzlich abgesichert.“
Darüber hinaus stelle das Kraftwerkssicherheitsgesetz die Brücke in einen umfassenden, technologieneutralen Kapazitätsmechanismus dar, der insbesondere auch Nachfrageflexibilität und Speicher nutzen soll.
Erste Ausschreibungen „ab Anfang 2025“ geplant
Parallel zur Konsultation wird der Entwurf des Kraftwerkssicherheitsgesetzes ausgearbeitet. Auf Basis der Konsultationsergebnisse soll ein Kabinettbeschluss gefasst und abschließend das parlamentarische Verfahren gestartet werden. Parallel wird dann auch die finale beihilferechtliche Genehmigung des Kraftwerkssicherheitsgesetzes erfolgen. Erste Ausschreibungen sollen dann ab Anfang 2025 stattfinden. Im Konsultationspapier heißt es ergänzend „spätestens Q3“.
Parallel erfolge die Ausarbeitung des Kapazitätsmechanismus, heißt es weiter. Das BMWK hat im August das Optionenpapier zum Strommarktdesign der Zukunft vorgelegt. Dieses enthält auch die Optionen für die Ausgestaltungsvarianten eines Kapazitätsmechanismus und deren zentralen Vor- und Nachteilen. „Nach der Auswertung der Konsultation und Diskussion in der Plattform Klimaneutrales Stromsystem (PKNS), will die Bundesregierung eine Entscheidung darüber treffen, welches Modell verfolgt wird sowie erste Eckpunkte beschließen.“ Anschließend werde der Kapazitätsmechanismus ausgearbeitet und mit der Europäischen Kommission besprochen, so dass er 2028 operativ sein könne.
Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, betonte den Zeitdruck mit Blick auf das Thema. „Es ist gut, dass nun die Konsultation für das Kraftwerkssicherheitsgesetz startet und der Gesetzentwurf parallel vom BMWK erarbeitet wird. Wir müssen hier zügig vorankommen, damit die Ausschreibungen und damit die konkrete Realisierung von H2-ready- sowie H2-Sprinter-Kraftwerken und Langzeitspeichern endlich beginnen kann. Dafür brauchen die Unternehmen einen verlässlichen Investitionsrahmen.“
Die zusätzlichen zukünftig klimaneutralen Kraftwerke und Speicher seien Voraussetzung für den Kohleausstieg. Mit wasserstofffähigen Gaskraftwerken (5 GW), Wasserstoffkraftwerken (0,5 GW) und Langzeitspeichern (0,5 GW) solle das Gesetz zudem die wichtige Nachfrage nach Wasserstoff und somit die Planungssicherheit für das Wasserstoffkernnetz unterstützen. „Positiv ist, dass in der ersten Säule über die fünf Gigawatt hinaus weitere zwei GW Kraftwerksleistung über Modernisierung von Bestandsanlagen ausgeschrieben werden sollen“, so Andreae weiter.
Kapazitätsmechanismus: „Ausgestaltung muss bis Ausschreibungsstart vorliegen“
Die anvisierte Verzahnung mit einem ab 2028 operativen Kapazitätsmechanismus sei ein „absolut notwendiger Baustein für Investitionssicherheit“. Die konkrete Ausgestaltung eines Kapazitätsmarkts müsse spätestens zu Beginn der Ausschreibungen im Rahmen des Kraftwerkssicherheitsgesetz vorliegen, damit Energieunternehmen die nötigen Investitionsentscheidungen treffen könnten. Der BDEW spricht sich für einen integrierten Kapazitätsmarkt aus.
In der zweiten Säule sind zusätzlich fünf GW Gaskraftwerke vorgesehen. Hier ist im Ausschreibungsdesign keine Förderung von Wasserstoff vorgesehen. Um auch nach 2045 diese Kraftwerke betreiben zu können, wird der Wechsel auf einen klimaneutralen Betrieb nötig.
Entscheidend werde die konkrete Ausgestaltung der Ausschreibungen sein, damit in beiden fünf GW-Scheiben der Zubau auch erfolge. „Der BDEW begrüßt, dass zur Sicherung der Netz- und Systemstabilität auch ein Zubau im netztechnischen Süden Deutschlands im KWSG vorgesehen ist“, sagt Andreae. „Somit tragen die neuen Kraftwerke zur Versorgungs- und Systemsicherheit sowie zur Umsetzung der Energiewende bei.“
Aus BDEW-Sicht müsse auch die Rolle der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) im Rahmen des Kraftwerkssicherheitsgesetzes bedacht werden. „Die KWK leistet ebenso einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit sowie zur Absicherung der Wärmewende“, betont der Verband. Zusätzlich müsse endlich Klarheit darüber geschaffen werden, dass das Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz (KWKG) mindestens bis Ende 2029 rechtssicher für Investitionen in KWK-Anlagen nutzbar bleibe. „Nicht nachvollziehbar ist die Brennstoffverengung auf rein gasförmigen Wasserstoff. Auch die Möglichkeit zum Einsatz von flüssigen Wasserstoffderivaten sollten nach unserer Einschätzung offengehalten werden.“