Facility Management

Investitionen in Strom- und Wärmenetze verdoppeln sich in den nächsten zwei Jahren


Grund für den Anstieg der Investitionen in die Strom- und Wärmenetze seien die rasant wachsende Anzahl dezentraler Anlagen aus Elektromobilität und Photovoltaik sowie die zunehmende Elektrifizierung des Wärmemarktes. Zwar würden parallel die Investitionen in das Gasnetz reduziert – doch kämen zusätzliche Investitionen für Batterien im Flexibilisierungsgeschäft sowie für den Aufbau des Lösungs- und Erneuerbare-Energien-Geschäfts hinzu. „Ein klassischer Mehrspartenversorger müsste in den kommenden Jahren bei einer Verdopplung der Investitionskosten zwischen 500 und 1.000 Euro pro Kunde und pro Jahr investieren – eine enorme Herausforderung, die häufig neue Finanzierungsmodelle erforderlich macht“, sagt Matthias Deeg, Studienleiter und Partner bei Horváth. Die klassische Eigenfinanzierung der Stadtwerke reiche nicht mehr aus und führe zu eine höheren Verschuldungsgrad um 0,5 bis 1,5.

Ungewisse Erlöse in neuen Geschäftsfeldern

Die größten Chancen sollen der Studie zufolge künftig ausgerechnet in den Marktsegmenten erzielt werden, die „alles andere als ein sicheres Geschäft“ seien: Wärme und Flexibilitäten. „Der Wärmemarkt ist reguliert, was gerade vor dem Hintergrund der aktuellen innenpolitischen Unsicherheiten ein Risiko darstellt, und für die Geschäftsmodelle rund um Flexibilisierung fehlen größtenteils noch notwendige Rahmenbedingungen“, sagt Deeg.

So sei ab 2035 für die weitere Ausgestaltung der Dekarbonisierung der Wärme „unklar, ob es zu einer fortgesetzten Elektrifizierung oder zu einem zunehmenden Einsatz von Wasserstoff kommt“, meint der Horvath-Experte. Eine mögliche Bremse für das Flexibilitätsgeschäft sei die Herausforderung, die unterschiedlichen Energiequellen, -speicher und -verbraucher bei Privathaushalten auszusteuern, etwa Photovoltaik, Erdwärme, E-Fahrzeuge und andere Speicher, sowie insbesondere die Smart-Meter-Einführung.

Wie die Studie weiter betont, sind die Energieversorgungsunternehmen (EVU) mehrheitlich auch strategisch noch nicht ausreichend vorbereitet. Lediglich 46 Prozent besitzen in Bezug auf das Flexibilitätsgeschäft ein konkretes Zielbild. Allerdings erwarten rund 75 Prozent, dass EE-Projekte zukünftig mehrheitlich als hybride Anlagen aus Erzeugungsanlage plus Speicher gebaut werden. Daher steigern 90 Prozent der befragten EVU bis 2027 ihre Investitionen in Batterien. In das Geschäftsfeld „Stand-alone Batterien“, also Speicher zur Energievermarktung am Handel, setzen dabei weniger als die Hälfte hohe Margenerwartungen.

Hoffnung auf Wasserstoff als Ersatzgeschäft für Gas zurückgestellt

„Das Gasgeschäft steht vor dem Aus und Wasserstoff wird die ursprünglichen Geschäftserwartungen noch nicht erfüllen“, prognostiziert Horváth-Partner Deeg. „Die Industrie zieht sich teilweise zurück und setzt verstärkt auf Elektrifizierung als Schlüssel zur Dekarbonisierung.“ Wie die Studie ausführt, geht eine deutliche Mehrheit der Energieversorger davon aus, dass Wasserstoff keine bedeutende Rolle spielen beziehungsweise stark zurückgebaut werden wird. Auch eine Wasserstoff-Beimischung wird nur noch von 23 Prozent erwartet, im Vorjahr waren dies noch doppelt so viele. Investiert wird mehrheitlich nur noch, wenn Vertragspartner die Abnahme vertraglich zugesichert haben. Dies geben 78 Prozent der Befragten zu Protokoll. Zwei Drittel gehen zudem davon aus, dass das Elektrolyseziel der Bundesregierung für 2030, die Einspeisung von mindestens 10 Gigawatt, verfehlt werden wird.

Für die Horváth-Energieversorgerstudie wurde eine repräsentative Auswahl an Energieversorgungsunternehmen (EVU) in Deutschland und der Region DACH befragt. Die ausgewählte Stichprobe umfasst über 85 Vorstandsmitglieder sowie Unternehmensverantwortliche aus den Bereichen Strategie und Unternehmensentwicklung. Die Befragung wurde im vierten Quartal 2024 abgeschlossen und ausgewertet.