„Für Kommunen und Stadtwerke ist die gesetzliche Regelung äußerst sinnvoll“, sagt Matthias Neumeier, der Bereichsleiter Wärmewende der KEA-BW. „Sie können die Daten im Rahmen der kommunalen Wärmeplanung nutzen.“ Im Rahmen der kommunalen Wärmeplanung erarbeiten Städte und Gemeinden ein Konzept für die künftige klimaneutrale Wärmeversorgung – etwa mit Wärmenetzen, die von Abwärme gespeist werden.
Der Wert der aktuell ungenutzt in die Umwelt abgegebenen Wärme beziffert sich auf bis zu fünf Milliarden Euro, wenn die Wärme innerbetrieblich verwendet werden kann. Im Unternehmen nicht nutzbare Wärme lasse sich unter Umständen aber auch verkaufen. Ein Teil der nicht verwendeten Abwärme kann etwa in Wärmenetze eingespeist werden und damit fossile Energieträger ersetzen.
Theoretisches Potenzial industrieller Abwärme allein in Baden-Württemberg bei bis zu 9,3 TWh pro Jahr
Allein in Baden-Württemberg liege das theoretische Potenzial industrieller Abwärme bei bis zu 9,3 TWh pro Jahr. Dies habe eine Studie zur Abwärmenutzung in Unternehmen im Auftrag des Umweltministeriums Baden-Württemberg gezeigt.
Die Abwärmebörse ermögliche nun erstmals eine Übersicht zu gewerblichen Abwärmepotenzialen in Deutschland. Ziel ist es, die Energie nutzbar zu machen und damit die Energieeffizienz in Deutschland weiter zu steigern. Verantwortlich für Aufbau und Betrieb der Plattform für Abwärme ist die Bundesstelle für Energieeffizienz (BfEE) im Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Gesetzliche Grundlage ist das Energieeffizienzgesetz (EnEfG) von 2023.
Unternehmen mit einem Gesamt-Endenergieverbrauch von mehr als 2,5 GWh pro Jahr müssen ihre Daten auf der Plattform hochladen. Potenzielle Abnehmer von Abwärme vor Ort können die Daten einsehen. Zu den Wärmedaten gehören unter anderem der Name des Unternehmens, der Standort, die jährliche Wärmemenge, die maximale thermische Leistung, die zeitliche Verfügbarkeit im Jahresverlauf sowie das durchschnittliche Temperaturniveau in Grad Celsius.
Steht Abwärme zur Verfügung, ist sie oft günstiger erschließbar als alternative Wärmekonzepte
„Für Kommunen und Stadtwerke, die derzeit an den Auf- oder Ausbau eines Wärmenetzes denken oder eine kommunale Wärmeplanung erstellen, ist die Abwärmebörse Gold wert“, sagt Neumeier. „Hier können sie sehen, ob und in welchem Umfang vor Ort nutzbare Abwärme zur Verfügung steht, mit der etwa Wärmenetze gespeist werden können.“ Ist dies der Fall, wäre eine Versorgung mit dezentralen Einzelheizungen in einem Gebiet oder eine andere Wärmeversorgung der Wärmenetze, etwa mit Großwärmepumpen, deutlich teurer.
Für Stadtwerke, Unternehmen und Haushalte sei der Handel mit Abwärme eine Win-Win-Win-Situation, betont die KEA. Die Stadtwerke müssen keine zusätzlichen Erzeugungskapazitäten errichten und finanzieren. Für sie fallen beim Wärmekauf auch keine zusätzlichen CO2-Emissionen sowie nur ein geringer Verbrauch an Flächen an. Für die Unternehmen wiederum besteht in manchen Fällen die Möglichkeit, sich mit einem Wärmeverkauf eine neue Einnahmequelle zu erschließen – je nach Qualität und Verfügbarkeit der Abwärme. Außerdem können sie Kühlkosten einsparen. Denn in vielen Fällen muss die anfallende Abwärme aktiv weggekühlt werden, eine Abwärmenutzung könne dies zumindest zum Teil unnötig machen, heißt es bei der KEA-BW weiter. Das Unternehmen könne darüber hinaus mit dem Angebot von CO2-freier oder -armer Abwärme sein Image verbessern.
Musterverträge für Unternehmen sollen Hürde für weitere Projekte senken
Auch die Haushalte profitieren: Heizen sie ihr Haus mit Abwärme aus einem Wärmenetz, nutzen sie Energie vor Ort und müssen sich um eine eigene Heizung keine Gedanken mehr machen. Eine vermehrte Nutzung von Abwärme stärke außerdem die regionale Wirtschaft und trage dazu bei, von Gas- und Ölimporten unabhängiger zu werden. Und für eine lebenswerte Umwelt lohnt sich dies aufgrund vermiedener CO2-Emissionen auch.
Um die Hürden für die Unternehmen zu senken, hat die KEA-BW Musterverträge für die Erschließung von Abwärme aus Gewerbe- und Industriebetrieben in Wärmenetzen erstellt.