Facility Management

Rechenzentren als Netzressource: Wie Digitalisierung und Energiewende zusammenwachsen müssen


Der Strombedarf von Rechenzentren wächst rasant – und mit ihm die Herausforderungen für Stromnetze. Laut Ampere-CPO Jeff Wittich reichen große Mengen grünen Stroms allein nicht aus, um nachhaltiges Wachstum zu sichern. Stattdessen brauche es Effizienz in allen Ebenen der digitalen Infrastruktur – etwa durch energieeffiziente Prozessoren, die bei gleichem Leistungsbedarf weniger Netzlast verursachen. „Moderne Prozessorarchitekturen, die auf hohe Energieeffizienz ausgelegt sind, spielen somit eine zentrale Rolle für ein nachhaltiges Wachstum von Rechenzentren“, sagt Wittich. Durch leistungsfähige und stromsparende Chips könne der Energieverbrauch deutlich gesenkt und gleichzeitig die Skalierbarkeit digitaler Infrastruktur verbessert werden, ohne das Stromnetz zusätzlich zu belasten.

Eaton fordert darüber hinaus ein neues Rollenverständnis: Rechenzentren sollen nicht mehr nur als Verbraucher, sondern als aktive Teilnehmer am Stromsystem verstanden werden. „Das traditionelle Netzmodell – eine starre Baumstruktur, in der Energie ausschließlich vom zentralen Erzeuger zum Verbraucher fließt – entspricht nicht mehr den Anforderungen unserer Zeit“, sagt Andreas Rockenbauch, Data Center Sales Leader Germany bei Eaton.

Zukünftiges Netz muss zellular und bidirektional aufgebaut sein

Ein zukunftsfähiges Netz, das erneuerbare Energien optimal integriert, müsse zellular aufgebaut und bidirektional sein. In einem solchen System könnten auch Rechenzentren eine gestaltende Rolle übernehmen. „Dafür ist es jedoch notwendig, dass Betreiber über die reine Verbrauchsoptimierung hinausdenken und sich für die aktive Zusammenarbeit mit dem Netz öffnen.“

Moderne Technologien böten hier bereits konkrete Möglichkeiten: zum Beispiel indem Teile der Batteriespeicher einer USV-Anlage im Rechenzentrum als Flexibilitätsreserve für Netzbetreiber bereitgestellt werden. Die Batterien moderner Anlagen zur unterbrechungsfreien Stromversorgung sind schließlich im Regelbetrieb stets auf Standby. Da die Flexibilitätsreserve sehr kurzen Lade-/ Entladezyklen zur Aufrechterhaltung der Netzfrequenz dient, werden die USV-Batterien nur so weit entladen, dass ihre Grundfunktion gewährleistet bleibt. In Kooperation mit Microsoft hat Eaton die Fähigkeit zur Bereitstellung kurzfristiger Regelenergie (Fast Frequency Response) durch USV-Batterien bereits praktisch getestet.

Integration in (zellulares) Stromnetz bei Planung von Rechenzentren mitdenken

Bei der Planung neuer Rechenzentren sollten energetische Aspekte und die Integration in ein (zellulares) Stromnetz bereits mitgedacht werden. Dafür sorgen allein schon neue Regularien: Das Energieeffizienzgesetz sieht vor, dass Rechenzentren, die ab Juli 2026 an den Start gehen, einen PUE-Wert (Power Usage Effectiveness) von maximal 1,2 und einen ERF-Wert (Energy Reuse Factor) von mindestens 10 Prozent erreichen müssen. Während PUE lange Zeit die wichtigste Metrik für die Beurteilung von Rechenzentren war, werden heute noch andere Werte CUE (Carbon Usage Effectiveness) einbezogen. „Betreiber müssen heute also ganzheitlich denken“, betont Eaton. Dazu gehöre auch, Möglichkeiten eigener Energieerzeugung auf dem Gelände, beispielsweise durch Photovoltaik, zu prüfen und Konzepte für sinnvolle Abwärmenutzung zu erstellen.

„Ein Rechenzentrum der Zukunft sollte keine Belastung für lokale Energieinfrastrukturen, vor allem das Stromnetz darstellen, sondern diese aktiv unterstützen“, fasst Rockenbauch zusammen.