Facility Management

Marktversagen verhindert Nutzung von riesigem Energieeffizienzpotenzial in der Industrie


Auch Maßnahmen zur Energieeffizienz rechneten sich finanziell „innerhalb kürzester Zeit“. Für Investitionen von 104 Mrd. € seien demnach 29 Mrd. € jährliche Einsparungen möglich. Über 20 Jahre summiere sich das auf das Dreifache der Kosten. Energieeffizienz sei dabei nicht nur ein Thema für große Industrien wie Chemie oder Stahl. Auch in der Ernährungsindustrie beständen erhebliche Potenziale, mehr als 10 Prozent des in der Studie berechneten Gesamteinsparpotenzials.

Wirtschaftlich darstellbare Endenergieeinsparmaßnahmen könnten 263 TWh pro Jahr vom jährlichen Endenergiebedarf der Industrie in Höhe von 635 TWh wegnehmen. Ein großer Teil der wirtschaftlichen Endenergieeinsparmaßnahmen seien „marktnahe Maßnahmen“, d.h. sie haben Amortisationszeiten von weniger als 3 Jahren. Die dazu gehörende Einsparung sind der Studie zufolge etwa 28 Prozent (176 TWh/a), aufgeteilt in 134 TWhth/a im Bereich Wärme und 42 TWhel/a für Stromanwendungen außerhalb des Bereichs Wärme.

Energieeffizienz senkt auch die Spitzenlast

Die Studie hebt auch den volkswirtschaftlichen Nutzen hervor: Energieeffizienzmaßnahmen reduzierten nicht nur den Bedarf, sondern auch die Spitzenlast. „Wenn 10 GW weniger Gaskraftwerke bis 2045 gebaut werden müssen, würde sich der Investitionsbedarf entsprechend um etwa 10 Mrd. € reduzieren“, heißt es in dem Papier. Hinzu kämen vermiedene Erdgasimportkosten der nicht errichteten Kraftwerke von etwa 1 Mrd. € pro Jahr, so dass sich alleine bei den Gaskraftwerken kumuliert über 20 Jahre ein volkswirtschaftlicher Nutzen von 30 Mrd. € ergebe.

Typische Energieeinsparmaßnahmen seien Dämmung sowie vor allem Abwärmenutzung, heißt es in der Analyse weiter. „Weitere Maßnahmen sind verbessertes Nutzerverhalten, optimierte Steuerung bzw. Regelung, Betriebs- und Wartungsmaßnahmen, Antriebe mit Drehzahlregelung, Einsatz hocheffizienter Motoren oder die Nutzung der freien Kühlung.“ Die Erneuerung von Anlagen wurde in dem Papier ebenso berücksichtigt wie die Nutzung von Umweltwärme. Die Umstellung auf Wärmepumpe sei besonders im Wärmebereich bis 200 °C eine wichtige Maßnahme. Die gesamte Einsparung durch Elektrifizierung von Prozessen bei den Wärmeanwendungen macht etwa 20 Prozent der Einsparungen aus.

Bei den von der DUH-Analyse herausgearbeiteten wirtschaftlichen Vorteilen der Investitionen in die Energieeffizienz stellt sich die Frage, warum das noch nicht gehobene Potenzial noch so groß ist. „Obwohl in vielen Unternehmen die Maßnahmen bekannt sind, gibt es Hemmnisse, diese umzusetzen“, heißt es hierzu. Neben Liquiditätsbeschränkungen seien dies auf betrieblicher Ebene insbesondere fehlende Personalkapazitäten und der Wunsch nach kurzen Amortisationszeiten, anstelle einer Entscheidung auf Basis einer Kapitalwertbetrachtung.

Politischer Regulierungsrahmen als wichtiges Hemmnis

Darüber hinaus würden Investitionen in Energieeffizienz durch weitere Hemmnisse erschwert, die außerhalb des Einflussbereichs des einzelnen Unternehmens oder auch der gesamten Branche lägen. Hier sei vor allem der politische Regulierungsrahmen ein wichtiger Faktor. Ein weiteres Hemmnis könne in Eigentumsstrukturen liegen.

Staatliche Eingriffe seien „prinzipiell kritisch zu betrachten, da diese üblicherweise die Effizienz von funktionierenden Märkten einschränken“. Da aber im Markt für Energieeffizienz „offensichtlich ein Marktversagen vorliegt“, es bisher also nicht zu einem effizienten Marktergebnis gekommen sei, sollte nach Einschätzung der Autoren „eine offene Diskussion darüber geführt werden, wie zusätzliche staatliche Unterstützung Energieeffizienz fördern könnte“. Hierbei seien verschiedene Instrumente und Eingriffsintensitäten möglich.

„Zuschüsse zu Energiekosten streichen und für Energieeffizienz nutzen“

Eine energiesektorale Betrachtung der Subventionen komme zu dem Ergebnis, dass 13 der größten 20 für 2026 geplanten Finanzhilfen mit insgesamt 42 Mrd. € auf den Energiebereich (über 70 Prozent) entfallen, bei den Steuervergünstigungen seien es immerhin noch 7,7 Mrd. Euro (über 40 Prozent). „Ein naheliegender Vorschlag wäre, die Vergünstigungen und Zuschüsse zu Energiekosten zu streichen und die freiwerdenden Mittel auf die Energieeffizienzfördermaßnahmen zu verteilen. Dies hätte den Charme, dass keine zusätzlichen Bundesmittel aufgewendet werden müssten“, heißt es weiter.

„Energieeffizienz ist der schlafende Riese der Energiewende“, sagt Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH. „Ob Stahl oder Lebensmittelproduktion – überall gibt es enorme Potenziale, die wir endlich heben müssen.“ Eine ambitionierte Energieeffizienzpolitik schaffe eine „Win-Win-Win-Situation – für Unternehmen, Staat inklusive Steuerzahlerinnen und Steuerzahler sowie für Klima und Umwelt“. Damit Unternehmen investieren, brauche es politische Vorgaben und eine verlässliche Förderung für Effizienzmaßnahmen. Das ist der klare Auftrag an die Bundesregierung.“

Energieeffizienz zentraler Hebel, um Energiewende kosteneffizienter zu gestalten

„Energieeffizienzmaßnahmen nehmen Druck aus dem Energiesystem und sind ein zentraler Hebel, um die Energiewende kosteneffizienter zu gestalten“, sagt Georg Kobiela, Politische Leitung Bellona Deutschland. „Sie gehören damit zu den klügsten Investitionen in die Wettbewerbsfähigkeit – für Unternehmen ebenso wie für den Staat.“

Leonard Burtscher vom Umweltinstitut München hebt hervor, dass die Industrie für mehr Treibhausgasemissionen verantwortlich sei als jeder andere Sektor. „Nur wenn die Industrie das riesige Potenzial an Energieeinsparung hebt, wird der erneuerbare Strom für die Energiewende bis 2045 reichen.“