Wärmewende in der Großstadt: Berlin setzt auf innovative Quartierskonzepte


Die Beteiligung der Haushalte an der Energiewende ist in Großstädten deutlich geringer als auf dem Land. Das zeigt das KfW-Energiewendebarometer. Das ist ein Problem, zumal schon heute drei Viertel des weltweiten Energieverbrauchs auf die urbanen Zentren entfällt – Tendenz steigend. Auch in Berlin gibt es einen großen Nachholbedarf bei der Energiewende – insbesondere im Wärmebereich. Doch es tut sich hier gerade auch einiges.

In der Berliner Borussiastraße hat der Energiekonzern Vattenfall gerade seine 350. dezentrale Versorgungsanlage in Betrieb genommen. Die als Lückenschluss gebauten Häuser mit 63 neuen Wohneinheiten unweit des Tempelhofer Feldes verfügen über ein Blockheizkraftwerk (BHKW) und einen Gaskessel für die Versorgung mit Wärme und Trinkwarmwasser. Das BHKW mit einer Wärmeleistung von 47 kW und einer elektrischen Leistung von 20 kW sowie der Gaskessel mit 215 kW (thermisch) sollen für die nötige Wärme auf rund 5.200 m² beheizter Fläche sorgen.


"Die wachsende Stadt stellt uns vor enorme Aufgaben"


„Die wachsende Stadt stellt uns vor enorme Aufgaben. Hier sind Politik, Verwaltung und die freie Wirtschaft gleichermaßen gefordert“, sagt die Bezirksbürgermeisterin von Tempelhof-Schöneberg, Angelika Schöttler. Für Hanno Balzer, den Geschäftsführer von Vattenfall Energy Solutions ist die Anlage auch „ein wichtiger Beleg für die anhaltende Bedeutung der dezentralen Energieversorgung in der wachsenden Stadt Berlin.“


Dezentral sei „immer eine Option, wenn das Gebäude besonders umweltfreundlich versorgt werden soll und eine technisch anspruchsvolle Lösung sicher und kostengünstig umgesetzt werden muss“. Zusätzlich könne die dezentrale Versorgung auch die Fernwärme hervorragend unterstützen, wenn etwa Anforderungen des Gebäudeeigentümers nach einem niedrigen Primärenergiefaktor oder der Wunsch nach ‚Mieterstrom‘ dies erforderten.


Nahwärmenetz zur energetischen Sanierung von denkmalgeschütztem Quartier in Charlottenburg-Wilmersdorf


Im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf setzt Vattenfall auf ein neues Nahwärmenetz zur energetischen Sanierung von denkmalgeschützten Quartieren. Projektpartner sind die Siedlungsvereine Eichkamp und Heerstraße. Die Quartiere zeichnen sich neben den knapp 1.000 Haushalten durch große Wärmekunden wie Schulen und Sportanlagen aus. Als erster Schritt ist geplant, in diesem Umfeld möglichst viele Haushalte über ein lokales Wärmenetz zu versorgen. In weiteren Schritten soll das Netz verdichtet und ausgebaut sowie um weitere dezentral einspeisende regenerative Energiequellen wie beispielsweise Solarthermie ergänzt werden.


Letzte Ausbaustufe: Biomasse-Heizwerk mit regionaler Belieferung


In Zusammenarbeit mit dem Hermann-Rietschel-Institut der TU Berlin wird das Netz simuliert und die notwendige Digitalisierung für dezentrale Einspeiser ausgelegt. Die letzte Ausbaustufe sieht ein Heizwerk vor, das mit regionaler Biomasse aus Holzhackschnitzeln betrieben wird. Bei vollständiger Umsetzung des geplanten Vorhabens liegt die CO2-Einsparung bei bis zu 80 Prozent gegenüber der heutigen Wärmeversorgung. Die Projektlaufzeit beträgt insgesamt acht bis zehn Jahre.


Sogar 100 Prozent CO2-Einsparung peilt die Berliner Energieagentur bei der Modernisierung von Energiezentralen im Prenzlauer Berg an. Zumindest bilanziell, denn CO2-frei werden die drei neuen hocheffizienten BHKW, die sich direkt unter den Dächern in der fünften Etage von Gebäuden der Wohnungsgenossenschaft „Bremer Höhe“ befinden, nicht arbeiten. Immerhin sind die drei Blockheizkraftwerke aber in der Lage, durch die Verbrennung von Erdgas gegenüber dem Status quo jährlich den Ausstoß von 233 Tonnen CO2 zu vermeiden. Versorgt werden 460 Privathaushalte und 22 Gewerbebetriebe.


CDM-Projekt in Nepal: 20.000 Kleinbiogasanlagen sollen finanziert werden


Was an CO2-Reduktion darüber hinaus erforderlich wäre, um tatsächlich emissionsfrei Wärme zu erzeugen, wird in Nepal realisiert: Über die Partnerorganisation atmosfair erfolgt eine Kompensation der Rest-Emissionen. Atmosfair unterstützt dort die Anschaffung von Kleinbiogasanlagen in Bergbauerndörfern. In den sehr einfachen Anlagen wird Kuhdung mit Wasser vermischt und in einem Faulbehälter zu klimaneutralem Biogas vergoren. Insgesamt will atmosfair in Nepal die Anschaffung von rund 20.000 Kleinbiogasanlagen mit 80 Prozent der Investitionskosten über Zuschüsse und Mikrokredite fördern und damit einen wirkungsvollen Beitrag gegen die Abholzung von Schutzwäldern und für eine umweltschonende Energieversorgung leisten.


Das Programm ist durch den internationalen Clean Development Mechanism der Vereinten Nationen und nach dem internationalen Goldstandard zertifiziert. Die CO2-Emissionsminderung wird bei der Deutschen Emissionshandelsstelle (DEHST) offiziell hinterlegt und nachgewiesen.