Der deutsche Markt für Energieeffizienzdienstleistungen ist bereits vergleichsweise weit entwickelt, und insgesamt steht überall hierzulande ein ausreichendes Angebot an Energiedienstleistungen zur Verfügung. Zu diesem Ergebnis kommt die Bundesstelle für Energieeffizienz (BfEE) beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), die mit einem Konsortium bestehend aus der Prognos AG, dem Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (ifeu) und Kantar Emnid eine „Empirische Untersuchung des Marktes für Energiedienstleistungen, Energieaudits und andere Energieeffizienzmaßnahmen“ durchgeführt hat.
Die aktuellen Marktkennzahlen basieren auf einer von Juni bis September 2017 durchgeführten Erhebung. Der Vergleich mit den Ergebnissen der Erhebung aus dem Jahr 2016 und in 2011 bzw. 2012 ist den Angaben zufolge nur eingeschränkt möglich, da die Erhebungsmethode deutlich weiterentwickelt worden sei. Im Vergleich wurden in den aktuellen Ergebnissen Unschärfen zielgerichtet bearbeitet, so dass die Zuverlässigkeit und Qualität der Zahlen insgesamt zugenommen habe. Die Anbieter von Energiedienstleistungen werden regelmäßig befragt, wie sie die zukünftige Entwicklung „ihres“ Marktsegments in den kommenden Jahren einschätzen. Im Mittelpunkt der Analyse stehen die Energieberatung, das Energie-Contracting sowie das Energiemanagement.
Recht dynamischer, aber teilweise kleinteiliger Markt
Die überwiegende Mehrheit der Befragten schätzt den Markt für Energiedienstleistungen positiv ein. Ein Sechstel der Anbieter von Contracting erwartet ein sehr starkes Wachstum, ein weiteres Viertel schätzt den Markt noch als stark wachsend ein. Auch knapp die Hälfte der Anbieter von Energiemanagementdienstleistungen sieht ein starkes oder sogar sehr starkes Wachstum des eigenen Marktfelds in den kommenden drei Jahren. Der Markt für Energieberatung wird ebenfalls mehrheitlich als wachsend eingeschätzt, jedoch sind hier die Erwartungen etwas niedriger und der Anteil an erwarteter Stagnation ist mit fast einem Viertel der Anbieter am höchsten.
Geringe Markteintrittsschwellen, Heterogentität der Anbieter
Über alle Marktsegmente bestätigt sich erneut das Bild eines recht dynamischen, aber teilweise kleinteiligen Marktes mit sehr unterschiedlichen Marktteilnehmern, sowohl auf Angebots- wie auf Nachfrageseite. Die geringen Markteintrittsschwellen sowie die Heterogenität der Anbieter machen es dem Bericht zufolge schwer, eine zuverlässige Abschätzung der in den einzelnen Segmenten aktiven Grundgesamtheit aller Anbieter zu treffen. Das gilt insbesondere für die Energieberatung und für Dienstleistungen rund um Energiemanagement.
Digitalisierung und Dezentralisierung prägen den Markt
Es zeigt sich in der Analyse, dass die Märkte insgesamt eine breite Produktpalette bieten, die teilweise deutlich über die abgefragten Kernprodukte hinausgehen. Der Markt werde derzeit stark durch die fortschreitende Digitalisierung geprägt, die dazu führt, dass zunehmend auch IT-Unternehmen, die z. B. Software für die Energieverbrauchsvisualisierung und Analyse bereitstellen, in den Markt eintreten. Die Digitalisierung biete zahlreiche Ansatzpunkte für neue Produkte, insbesondere in einem so breiten Themenfeld wie dem Energiemanagement. Hier werden zunehmend die Möglichkeiten der Visualisierung, der Verbrauchserfassung und des Ferneingriffs genutzt.
Verstärkte Eigenerzeugung von Strom
Auch der Trend zur Dezentralisierung, der sich z. B. in der verstärkten Eigenerzeugung von Strom äußert, hat Auswirkungen auf den Energiedienstleistungsmarkt, da er mit einer zunehmenden Sensibilisierung der Verbraucher für Energiethemen einhergeht. Vielfach werden beispielsweise auch Aspekte wie Energieeffizienz und flexibler Energieverbrauch in einzelnen Produkten mit dem Ziel einer umfassenden Optimierung des Energieverbrauchs und der Energiekosten kombiniert, heißt es.
Wachstum in allen Segmenten
Obwohl die Vergleichbarkeit zur Vorjahresstudie aufgrund veränderter Methodik nur bedingt gegeben ist, weisen die zunehmenden Anbieter- und Fallzahlen den Angaben zufolge auf ein Marktwachstum in allen Segmenten hin. Das Volumen des Marktes für Energiedienstleistungen, Energieaudits und andere Energieeffizienzmaßnahmen erreichte nach den aktuellen Zahlen im Jahr 2016 rund neun Mrd. €.
Zweitstärkstes Anbietersegment EVU und Stadtwerke
Dabei etablieren sich -neben der zahlenmäßig starken Anbietergruppe rund um Energie-, Ingenieur- und Architekturbüros - als zweitstärkstes Anbietersegment EVUs und Stadtwerke. Nur für ein Fünftel der befragten Anbieter ist der Verkauf von Energiedienstleistungen das zentrale Geschäft. Die überwiegende Mehrheit verfügt über Kerngeschäft in anderen Bereichen und hat das Angebot von Energiedienstleistungen in eine oder mehrere Abteilungen ausgegliedert. Diese unterschiedlichen Standbeine geben dem Markt eine gewisse Robustheit und Flexibilität, allerdings kann nicht ausgeschlossen werden, dass in Segmenten, die von der aktuell starken Baukonjunktur in Anspruch genommen werden (Fachplaner, Handwerk) sich die Akteure temporär von Energiedienstleistungen ab- und dem Baugeschäft zuwenden, heißt es in der Analyse.
Wachsender Markt für Energieberatung
Unter Berücksichtigung einer gewissen Unschärfe bei der Abschätzung der Grundgesamtheit ergibt sich bei der Energieberatung das Bild eines wachsenden Marktes mit einem Volumen von rund 800 Mio. € und etwa 13.000 bis 14.000 aktiven Energieberatern. Die Aussichten für die weitere Marktentwicklung werden von den Anbietern positiv eingeschätzt, wenn auch etwas schwächer als bei anderen Energiedienstleistungen.
7,7 Mrd. € Marktvolumen im Segment Contracting
Das Marktvolumen für Contracting liegt in der Erhebung 2017 bei rund 7,7 Mrd. €. Insgesamt konnte eine Grundgesamtheit von ca. 560 Anbietern ermittelt werden. Unverändert besteht der Markt für Contracting zum deutlich überwiegenden Teil aus Energieliefer-Contracting. Für die Anbieter sind die wichtigsten Kundengruppen die Immobilienwirtschaft und die öffentliche Hand. Als Hemmnisse werden die derzeit niedrigen Energiepreise und schnellen Veränderungen bei den energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen genannt. Die Marktteilnehmer bewerten die Wachstumsaussichten des Marktes als stark wachsend.
Energiemanagement: Porfolio wächst aufgrund der Digitalisierung
Das Marktvolumen von Energiemanagement-Dienstleistungen liegt bei rund. 435 Mio. €. Aus Anbietersicht liegt das Marktvolumen deutlich über dem Volumen der hier abgefragten Kernprodukte mit 160 bis 170 Mio. €. Das deute darauf hin, dass die Anbieter ihre Geschäftsmöglichkeiten rund um Energiemanagement-Dienstleistungen deutlich breiter interpretieren und nutzen, heißt es. Vor allem wachse das Produktportfolio aufgrund der Digitalisierung. Viele Anbieter dürften die wachsenden Produktebereiche Smart Metering, bzw. Smart Home zu ihren Umsätzen im Energiemanagement (im weiteren Sinne, bzw. zumindest in Teilen) rechnen.
Erfassung und Visualisierung des Energieverbrauchs bedeutend
Dies bestätige auch die Bedeutung, die die Anbieter den Themen Erfassung und Visualisierung des Energieverbrauchs sowie den Ferneingriffsmöglichkeiten beimessen. Die Marktdurchdringung von Energiemanagement-Systemen und Energiemanagement-Dienstleistungen ist in der Industrie erwartungsgemäß am größten. Hier motivieren bei energieintensiven Unternehmen -neben den Energiekosten - vor allem auch gesetzliche Anreize im Rahmen des EEG und der Energie- und Stromsteuer zur Einführung eines Energiemanagementsystems. Über 70 Prozent der Anbieter schätzen das Marktwachstum positiv ein.
Markthemmende Faktoren weniger auf Angebots- als auf Nachfrageseite
In der Gesamtschau bestätige sich erneut das Bild, dass die markthemmenden Faktoren weniger auf der Angebots- als auf der Nachfrageseite zu suchen sind, denn Energiedienstleistungen spielen in der täglichen Praxis von Haushalten oder Unternehmen eine eher untergeordnete Rolle. Weiterhin gibt es eine große Anzahl der Befragten, die die Angebote nicht nutzen. Die Gründe variieren je nach Gruppe, als typische Argumente für die Zurückhaltung werden niedrige Energiekosten, der Aufwand oder der ungünstige Zeitpunkt genannt. Zuweilen werde auch der Durchführung in Eigenregie der Vorzug gegeben.
Anbietermarkt muss auf Vertrauen und Lösungsorientierung angelegte Kundenbeziehungen schaffen
Insgesamt bietet der Anbietermarkt ein breites, reichhaltiges und innovatives Lösungsangebot für zentrale Fragen der Energiewende. Es werde vor allem darauf ankommen, dass der Markt auf Vertrauen und Lösungsorientierung angelegte Kundenbeziehungen schafft und die Nachfrager bei ihren Bedürfnissen bzw. in ihrer betrieblichen Praxis abholt. Über alle Branchen hinweg steht die Senkung der Energiekosten als Motivation im Vordergrund. An zweiter Stelle nennen Befragte Umwelt- und Klimaschutz als wichtiges Motiv. Insbesondere für Gewerbekunden sind ein besonderer Treiber die Anreize bzw. die Verpflichtungen, die sich aus gesetzlichen Regelungen ergeben.