Stadtwerke Bamberg: Konversionsgelände wird Vorzeigequartier für Energieeffizienz


Die Strom- und Wärmegewinnung aus erneuerbaren Energien soll miteinander gekoppelt, überschüssige Energie gespeichert und über eine Vernetzung sämtlicher Gebäude- und Anlagentechnik effizient genutzt werden. Der Baubeginn für das nach den Angaben bundesweit einmalige Projekt ist für den kommenden April geplant. Insgesamt wollen die Stadtwerke Bamberg über acht Mio. Euro investieren.


Die Planungen sind Ergebnisse einer jetzt vorgestellten Machbarkeitsstudie der Stadtwerke, die in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik (IEE), den Build.Ing Consultants und der Otto-Friedrich-Universität Bamberg realisiert und vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert worden ist. Auch ein großer Teil der Investitionen für die Umsetzung des Wärmekonzepts soll über das BMWi-Programm „Modellvorhaben Wärmenetzsysteme 4.0“ gefördert werden.


Energie auf Basis regenerativer Quellen

Hintergrund der Machbarkeitsstudie ist das Ziel der Stadt Bamberg, die benötigte Energie für das Konversionsquartier im Bamberger Osten vornehmlich vor Ort und auf Basis regenerativer Quellen zu erzeugen. Das hybride Energiesystem soll den Bedarf der Bewohner an Wärme-, Kälte- und Elektroenergie auch unter ökonomischen Gesichtspunkten höchst effizient koordinieren: „Unser Ziel ist es, den späteren Bewohnern die Energie zu möglichst geringen Kosten zur Verfügung zu stellen“, erklärt Projektleiter Stefan Loskarn: „Aus der Begleitforschung durch die Uni Bamberg wissen wir, dass das Wärmekonzept auf hohe Akzeptanz stößt – vorausgesetzt die Energiekosten bleiben bezahlbar und sozialverträglich.“


Das Fraunhofer-Institut hat den Wärme- und Kühlbedarf der künftigen Verbraucher auf dem Campus simuliert. Demnach werden allein für die Nutzung der Gebäude jährlich rund 10.000.000 kWh Wärme für Heizung und Warmwasser benötigt, 917.000 kWh Kälte und 8.200.000 kWh Strom.


In die Berechnung seien auch künftige Klimaveränderungen eingeflossen. „Die möglichst genaue Vorhersage sowie die gemeinsame Betrachtung zukünftiger Bedarfe in den Sektoren Strom und Wärme ist für die Abschätzung der Größenordnung der Anlagen essenziell und für eine zukunftweisende Energieversorgung in Quartieren wesentlich“, erklärt Jan Kaiser vom Fraunhofer-Institut.


Bewertung der Wärmeerzeugungsmethoden

Die Build.Ing Consultants + Innovators GmbH hat die Wärmeerzeugungsmethoden aus unterschiedlichen Umweltenergien (Erde, Luft, Ab- bzw. Trinkwasser) sowie die Nutzung von Abwärme aus industriellen Prozessen, die Stromerzeugung über Photovoltaik- und Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen sowie die Speicherung von Strom mittels Power-to-Gas und Wärmespeicherung in der Erde nach verschiedenen Kriterien bewertet.


Im Fokus standen z. B. die Energieausbeute, der Platzbedarf sowie CO2- und Lärmemission, aber auch die Wirtschaftlichkeit. „Soll Wärme aus der Umwelt – der Erde, Luft oder Wasser – nutzbar gemacht werden, kommt immer eine Wärmepumpe zum Einsatz, die elektrisch betrieben wird. Strebt man eine umweltfreundliche CO2-freie Wärmeerzeugung an, so kommt man um die Frage der Stromerzeugung nicht herum“, meint Loskarn. Unter der Maßgabe, möglichst viel Energie vor Ort zu produzieren, sei Photovoltaik die naheliegendste Antwort.


Einen hohen Nutzungsgrad entfalte diese Art der Stromerzeugung in Kombination mit Speichern. Um die Produktionsschwankungen zwischen Tag und Nacht auszugleichen, können die Gebäude mit Batterien ausgestattet werden. Als Langzeitspeicherung für die Wintermonate komme eine Power-to-Gas-Anlage in Frage, die den überschüssigen Strom in den Sommermonaten in Gas umwandelt, das wiederum vor allem im Winter in einem BHKW Strom und Wärme produziert. Und die Speicherung der Wärme, die im Sommer mittels Geothermie für jedes Gebäude separat produziert wird, könne in einem so genannten kalten Netz im Erdreich unter den jeweiligen Gebäuden erfolgen.


Hohe Akzeptanz bei künftigen potenziellen Nutzern

Um sicherzustellen, dass die entwickelten Lösungen nicht an dem Bedarf der zukünftigen Nutzer des ehemaligen Militärquartiers vorbeigehen, hat die Universität Bamberg eine Umfrage durchgeführt – so bestehe die Chance, die Projektplanungen auf die Lebensentwürfe der unterschiedlichen Gruppen im Quartier auszurichten. Idealerweise könne dadurch letztlich eine aktives Viertel mit gemeinsamer Identität entstehen. Im Ergebnis stoße das Wärmekonzept auf hohe Akzeptanz – vorausgesetzt die Energiekosten bleiben bezahlbar und sozialverträglich.

Das Modellvorhaben soll den Bewohnern der Lagarde aufgrund niedriger Betriebskosten über Jahre hinweg niedrige Heizkosten garantieren. „Wir gehen davon aus, dass ein großer Teil der Investitionen für das Projekt durch das BMWi gefördert werden und den Nutzern die niedrigen Betriebskosten auf lange Sicht zugutekommen“, so Projektleiter Loskarn.


„Weil wir unabhängig von Börsenpreisen und Marktschwankungen sind, können wir heute schon einen Wärmepreis für die nächsten 10 Jahre festlegen: Er wird bei etwa 12 ct pro kWh liegen“, sagt er und ergänzt: „Zusätzliche Kosten und Aufwand, der sonst für die Anschaffung der Heizungsanlage, regelmäßige Wartungen, Schornsteinfeger und Abgasmessungen entstehen, entfallen komplett. Die Wärme kommt einfach aus der Leitung.“


Höchstmögliche Effizienz innerhalb einer bestehenden städtischen Infrastruktur schaffen

Das Bamberger Projekt ist laut Stadtwerke-Geschäftsführer Michael Fiedeldey ein Novum. „Auf der Lagarde geht es nicht darum, möglichst effiziente Neubauten zu realisieren, sondern innerhalb einer bestehenden städtischen Infrastruktur und mit einer vorhandenen, teils denkmalgeschützten, Gebäudestruktur, eine höchstmögliche Effizienz zu schaffen. Hier muss der Wärmebedarf der Altbauten ebenso in das Wärmesystem integriert werden wie modernste Neubauten mit gänzlich anderen Wärmebedarfen.“


Gelände liegt mitten in der Stadt

Erschwerend hinzu komme, dass das Lagarde-Quartier nicht zu einem reinen Wohngebiet entwickelt werde, sondern neben dem bezahlbaren Wohnraum für 1.000 Menschen auch Flächen für Gewerbe, Dienstleistungen, Kultur und soziale Einrichtungen geschaffen werden sollen. Sie alle haben unterschiedlichen Bedarfe und Anforderungen an die Energieversorgung. Da das Gelände mitten in der Stadt liege, gebe es keine Optionen, Flächen außerhalb zur Erzeugung von Energie zu nutzen.