Laut einer Mitteilung der TU produzieren ihre Server jährlich 4,7 GWh Abwärme. Beim TU-Hauptgebäude entstehen durch Kälteanlagen pro Jahr sogar 5,8 GWh Abwärme.„Mit diesen 11,5 Gigawattstunden, die dem jährlichen Wärmebedarf von etwa 50 typischen Berliner Altbaumehrfamilienhäusern entsprechen, könnte man etwa 20 Prozent des jährlichen Wärmebedarfs der TU Berlin und der Universität der Künste decken“, meint der Leiter des Fachgebietes Gebäude-Energie-Systeme, Prof. Martin Kriegel.
Dies ergab eine Analyse, die er zusammen mit dem Fachgebiet Maschinen- und Energieanlagentechnik von Prof. Felix Ziegler im Rahmen des Forschungsprojektes „Energieeffizienter Hochschulcampus Campus Berlin-Charlottenburg“ durchgeführt hat. Doch bislang verpuffe diese Energie ungenutzt.
Stromverbrauch der TU speist sich bereits aus 100 Prozent erneuerbaren Energien, Wärmeversorgung nicht
Das soll sich jetzt ändern. Bis 2023 wollen die Wissenschaftler innerhalb dieses Projektes einen Plan entwickeln, wie die Wärmewende sich auf dem Campus von TU Berlin und Universität der Künste (UdK) umsetzen lässt. Der Strom, den die TU Berlin verbraucht, speist sich bereits zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien. Anders sieht es jedoch bei der Energie für die Wärmeversorgung aus. „Die Stromwende haben wir an der TU Berlin vollzogen, nun brauchen wir eine Wärmewende“, so Kriegel. Um das zu bewerkstelligen, soll unter anderem Abwärme und erneuerbare Wärme auf dem Campus genutzt, verteilt und zwischengespeichert werden.
In der ersten Phase des Projektes von 2016 bis 2018 untersuchten die Wissenschaftler die 49 Gebäude der beiden Hochschulen auf ihre energetische Bilanz und leiteten daraus 1.000 Einzelmaßnahmen ab, um das Energiewendeziel zu erreichen. Dazu zählen Fassaden-, Dach- und Fenstersanierung genauso wie die Nutzung von Abwärme und Solarenergie sowie Wärmerückgewinnung.
Neue Methode: Energiebilanz auf das Areal bezogen
Die Betrachtung im Rahmen eines Nutzen-Kosten-Ansatzes führte die Wissenschaftler zu einer neuen Methode: „Wir verabschieden uns davon, jedes einzelne Gebäude energetisch komplett sanieren zu wollen, was ohnehin finanzieller Irrsinn wäre, sondern wir betrachten das Areal von TU Berlin und UdK quasi als ganzheitlichen ‚Organismus‘ und stimmen die energetischen Maßnahmen bei den Gebäuden so aufeinander ab, dass das Wärmewendeziel trotzdem erreicht wird. Wir verschieben also die Energiebilanz vom einzelnen Gebäude auf das Areal“, erklärt Kriegel.
Die Teams der beiden Fachgebiete haben ein Software-Tool entwickelt, mit dem die 1.000 Einzelmaßnahmen und Gebäude in Beziehung gesetzt werden, um herauszufinden, welche Maßnahme an welchem Gebäude das größte Energieeinsparpotenzial hat bei möglichst geringen Kosten.
Eingesetzt werden soll diese Methode bei der Hochschul-Standort-Entwicklungsplanung, mit dem der Sanierungsstau an den TU- und UdK-Gebäuden in den nächsten zehn bis 20 Jahren aufgehoben wird. Da wollen die Wissenschaftler beratend zur Seite stehen, wenn es darum geht zu entscheiden, was im Zuge einer Sanierung energetisch sinnvoll ist.
Wärmerückgewinnungsanlagen nutzen
„Das Eugene-Paul-Wigner-Gebäude der TU Berlin zum Beispiel hat den größten Strom- und Wärmeverbrauch von allen 49 Gebäuden. Mit Hilfe unseres Tools konnten wir analysieren, dass eine Fenstersanierung kaum wahrnehmbar Energie spart, aber hohe Kosten verursacht. Mit dem Einbau einer Wärmerückgewinnungsanlage ließe sich jedoch der jährliche Energieverbrauch halbieren und das Geld dafür hätte sich nach einem Jahr rentiert“, so Martin Kriegel. Von solchen Wärmerückgewinnungsanlagen würden insbesondere die beiden Physik-Gebäude, das Chemie-Gebäude und das der Physikalischen Chemie sowie das L-Gebäude in der Müller-Breslau-Straße profitieren, da in ihnen viel Lüftungstechnik installiert ist. Das Energieeinsparpotential beliefe sich zusammen auf etwa zehn GWh pro Jahr.
Das Projekt wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie mit fünf Mio. € gefördert. Weitere Kooperationspartner in dem Projekt sind Prof. Claus Steffan vom Fachgebiet Gebäudetechnik und Entwerfen der TU Berlin, Prof. Christoph Nytsch-Geusen vom Fachgebiet Versorgungsplanung und Versorgungstechnik der UdK sowie EON Energy Solutions und Vattenfall Berlin.