Die Sachverständigen begrüßten es einhellig, dass die Bundesregierung die Vorgaben für Gebäude-Energetik in einem einzelnen Gesetz bündeln will, berichtet der Bundestag. Der Entwurf für das neue Gesetz zur Vereinheitlichung des Energiesparrechts für Gebäude (GEG) stößt allerdings auf zahlreiche Einwände. So nutzte Sandra Rostek vom Hauptstadtbüro Bioenergie die Gelegenheit, um erneut auf die Benachteiligung der CO2-neutralen Wärmetechnologie Bioenergie aufmerksam zu machen.
Hauptstadtbüro Bioenergie: Primärenergiefaktor für Biogas viel zu hoch angesetzt
Der GEG-Entwurf sieht für Biogas einen Primärenergiefaktor von 1,1 vor. Bei der Berechnung des Primärenergiebedarfs eines Gebäudes oder Wärmenetzes werde die Wärme aus Biogas damit gleichgesetzt mit der Wärme aus Erdgas, Flüssiggas, Heizöl und Steinkohle und läge nur leicht unter der Wärme aus Braunkohle, betonte Rostek in der Anhörung. Dies widerspreche allen wissenschaftlichen Studien. Biogas werde künstlich schlecht gerechnet. Der Faktor müsse je nach Technologie und Einsatzstoff zwischen 0,1 und 0,3 liegen. Das Hauptstadtbüro kritisiert zudem, dass die Wärmeerzeugung aus Biomethan in einem Brennwertkessel weiterhin keine Option darstellen soll, die im Gesetz festgelegte Nutzungspflicht für erneuerbare Energien zu erfüllen.
Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) sieht insbesondere durch die Nutzung von Wärmenetzinfrastrukturen große Potenziale für den Klimaschutz im Gebäudebereich- Das machte der stellvertretende VKU-Hauptgeschäftsführer Michael Wübbels in der Anhörung deutlich. Durch Wärmenetze ließen sich sowohl Bestands- als auch Neubaubereiche miteinander verzahnen und erneuerbare Energien und Abwärme zunehmend in die Wärmeversorgung integrieren. Es müsse vermieden werden, dass die Verknüpfung zwischen Bestandsgebäuden und der Nutzung von Wärmenetzen vorschnell abgeschnitten wird.
VKU begrüßt neuen Fokus weg vom Einzelgebäude hin zum Quartier
Wübbels begrüßte, dass mit dem GEG-Entwurf erstmalig die Grundlage geschaffen werden solle, um eine effiziente und nachhaltige Wärmeversorgung von Gebäuden in Form von Quartierslösungen umzusetzen. „Damit wird der Blick vom Einzelgebäude auf das Quartier gerichtet. Durch einen ganzheitlichen Ansatz können neue Potenziale bei der lokalen Umsetzung der Energiewende gehoben werden.“ Geeignete Dachflächen zum Beispiel für Solarthermie könnten so für die Erfüllung der energetischen Gebäudeanforderungen des Quartiers – und nicht nur des Gebäudes, auf dem sie sich befinden – herangezogen werden. Es sei wichtig, den dadurch erweiterten Spielraum nicht durch zu pauschale rechtliche Vorgaben einzugrenzen. „Hier bedarf es im Gesetzentwurf einer größeren Flexibilität.“
Nach Einschätzung von Prof. Dirk Müller von der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen bleibt der Gesetzentwurf hinter seinen Möglichkeiten zurück. Er lenkte den Blick darauf, dass moderne Gebäude über ein Energiemanagementsystem verfügen, mit dem der Betrieb aller Anlagen und die Nutzung lokaler regenerativer Energien optimiert werden kann. Auch Funktionen für einen netzdienlichen Betrieb könnten hier integriert werden, was bei einem zunehmenden Ausbau der Photovoltaik und der Elektromobilität an Bedeutung gewinne. Dieser Bereich solle im GEG berücksichtigt werden. Der energetische Nachweis für Kühlverfahren sollte analog zur Heiztechnik bilanziert werden.
Deneff: Gesetzentwurf bietet keinen Mehrwert für Klimaschutz
Veit Bürger vom Öko-Institut meinte, die EU-Vorgabe, einen Niedrigstenergiegebäudestandard festzulegen, müsse ambitioniert umgesetzt werden. Ein wenig ambitionierter Standard würde zwar dazu führen, dass die Investitionskosten etwas niedriger ausfallen. Diesem Einmaleffekt stünden jedoch jahrzehntelange höhere Nebenkosten (Heizung und Warmwasser) gegenüber, die gerade Haushalte mit geringem Einkommen besonders belasteten. Dies gelte insbesondere auch mit Blick auf die CO2-Bepreisung, die 2021 ihre Wirkung entfalte. Gebäude müssten „in die Sanierung getrieben werden“.
Henning Ellermann (Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz) kam zu dem Befund, dass der Gesetzentwurf keinen Mehrwert für Klimaschutz biete. Der Entwurf enthalte sogar einige deutliche Aufweichungen im Vergleich mit den bestehenden Anforderungen. Die Überprüfung des Anforderungsniveaus müsse von 2023, wie jetzt geplant, auf 2021 vorgezogen werden. Absehbar sei, dass die EU-Kommission den vorgesehenen Neubaustandard nicht als Niedrigstenergiegebäude akzeptieren werde. Zudem würden weitere Vorschriften und Fristen verletzt.
GEG mit deutlich mehr Paragraphen als zusammengefasste Einzelregelungen
Michel Durieux vom Zentralverband des Deutschen Handwerks kritisierte, dass das Gebäudeenergiegesetz im Entwurf deutlich mehr Paragraphen als die Summe der zusammengefassten Einzelregelungen umfasse. Nur ein verständliches Gesetz könne dem, der das Gesetz anwenden muss, angemessen in Schulungsangeboten vermittelt werden. Eine Vereinfachung müsse bei der weiteren Überarbeitung oberstes Ziel sein.