Darin heißt es, dass die benötigte erneuerbare Energiemenge zur Bereitstellung von Niedertemperaturwärme mit Wasserstoff um 500 bis 600 Prozent höher sei als die der Wärmepumpe. Selbst in einem dicht besiedelten Land wie Deutschland bestehe ein ausreichendes Potenzial von Strom aus Windenergie und Photovoltaik, um die hohen Nachfragepotenziale einer direkten Stromnutzung in den Bereichen Elektromobilität, Industrieprozesswärme und Gebäudewärme zu versorgen, erklärte IEE-Leiter Prof. Clemens Hoffmann.
Der Studie zufolge hat die mittelfristige Steigerung auf 20 Vol. Prozent H2 im Gasnetz nur geringe CO2-Reduktionen zur Folge. Die Beimischung von Wasserstoff in Erdgasnetze sei heute auf bis zu 10 Prozent limitiert, perspektivisch soll dieser Wert jedoch auf 20 Prozent Vol. H2 steigen. Das entspreche aber lediglich einem energetischen Anteil von 7 bis 8 Prozent und liefere damit nur einen geringen Beitrag zum Klimaschutz.
Enorme Kosten für den Austausch der Gaskessel
Der langfristige Sprung auf 100 Prozent H2 durch Umwidmung bestehender Erdgasnetze sei zwar möglich. Jedoch fielen für die dezentrale Wärmeversorgung enorme Kosten für den Austausch der Gaskessel an. Es existierten regional höchst unterschiedliche Restriktionen und Freiheitsgrade für eine H2-Beimischung, und je nach Erdgasherkunft und Anwendungen würden diese Restriktionen durch die zu versorgenden Endgeräte oder Industrieanwendungen im jeweiligen Verteilnetz bestimmt.
Um die Grenze von 20 Prozent Vol. H2 zu überschreiten, wäre eine sprunghafte Umwidmung der Gasverteilnetze auf 100 Prozent H2 notwendig. Das hätte laut der Studie zur Folge, dass alle bestehenden Gaskessel vorzeitig ausgetauscht werden müssen. Dadurch würden im Vergleich zur Gasnetztransformation die entscheidenden Mehrkosten entstehen.
Die Gebäudewärmeversorgung mit effizienten Wärmepumpen entlaste die Nachfrage und die notwendigen Importmengen von Wasserstoff deutlich, und mit modernen Wärmepumpen ließen sich auch unsanierte Gebäude effizient versorgen, wodurch der Gebäudesektor nicht in Nutzungskonkurrenz zum Wasserstoffbedarf in anderen Sektoren stehe.
Aufgrund des wirtschaftlich begrenzten Erzeugungspotenzials von Wasserstoff in Deutschland und Europa sollte er, so das Fraunhofer IEE, vor allem dort eingesetzt werden, wo es keine wirtschaftlichen Alternativen gibt oder er besondere Vorteile gegenüber anderen Optionen aufweist, heißt es. Das wirtschaftlich zu erschließende Erzeugungspotenzial über Elektrolyse mit regenerativen Strom sei in Deutschland aber begrenzt.
„Daher müssen wir gut transportierbare synthetische Energieträger auch in Regionen mit sehr guten Potenzialen für Solarenergie und Windenergie herstellen und von dort importieren«, so Hoffmann. Aber auch der Import von Wasserstoff habe ein begrenztes wirtschaftliches Potenzial.
Blauer Wasserstoff noch keine reale Alternative
Sowohl die technische- und wirtschaftliche Reife der Bereitstellung von Gebäudewärme aus elektrischem Strom mit Hilfe der Wärmepumpe als auch die Bereitstellung von CO2-freiem „grünem“ Wasserstoff für industrielle Prozesse und Mobilität sei hoch.
Beim CO2-armen „blauen“ Wasserstoff sei derzeit unklar, ob die Behandlung der technischen Probleme der Herstellung und des Transportes dazu führen, dass er überhaupt wirtschaftlicher sein kann als der elektrolytisch hergestellte grüne Wasserstoff. „Insbesondere aber muss die Energieforschung beim ‚blauen’ Wasserstoff frühzeitig darauf hinweisen, dass die Erzeugung hochkonzentrierten Kohlendioxids in Mengengerüsten von Milliarden von Kubikmetern pro Jahr – wenn dieser Wasserstoff einen signifikanten Beitrag zum zukünftigen Energiesystem beitragen soll – Fragen aufwirft, die ähnlich sind wie jene, die an die Kernenergie zu stellen waren: nämlich die Frage nach der Größe eines größten anzunehmenden Unfalls (GAU) und die Wahrscheinlichkeit dafür“, so der Leiter des Fraunhofer IEE.
Diese Fragen würden derzeit noch nicht aufgeworfen und es könne deshalb der Eindruck entstehen, dass der „blaue“ Wasserstoff bereits eine reale Alternative zur Energiesystemtransformation darstelle. Das sei nicht der Fall und wissenschaftliche Verantwortung müsse darauf hinweisen.