Projekt Flexsignal: Mehrerlöspotenzial steigt mit Überbauungsgrad der Biogasanlage


Ihm gehören das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ, das Deutschen Biomasseforschungszentrum (DBFZ) und die Universität Duisburg-Essen an. Das Hauptaugenmerk gelte der Entwicklung und Prüfung neuer Konzepte, die durch gezielte Verstärkung von Marktsignalen einen finanziellen Anreiz zur flexiblen Anlagenfahrweise bieten. Das Projekt läuft bis Ende des Jahres, doch es gibt bereits interessante Zwischenergebnisse.


Die Bioenergie hat gegenüber anderen erneuerbaren Energien wie Wind- oder Sonnenenergie den großen Vorteil, dass sie unabhängig von witterungsbedingten Einflüssen in dem Moment Energie bereitstellen kann, wenn Strom benötigt wird. Dafür müssen die Anlagen flexibilisiert sein, damit die Produktion des Energieträgers (z.B. Biogas) von der eigentlichen Stromproduktion zeitlich entkoppelt werden kann. Dies geschieht beispielsweise über den Zubau von Gas- oder Wärmespeichern und zusätzlicher Verstromungskapazität durch Blockheizkraftwerke (BHKWs).


Durch die mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz EEG 2012 eingeführte Flexibilitätsprämie bzw. ab EEG 2014 dem Flexibilitätszuschlag werden die entsprechenden technischen Investitionen bereits erfolgreich gefördert. „Dennoch erfolgt die Stromproduktion durch Bioenergieanlagen weitestgehend unflexibel“, heißt es seitens der Forscher. Aus systemischer Sicht sei dies ungünstig, da die regelbare Stromeinspeisung durch Bioenergieanlagen idealerweise komplementär zur volatilen, d. h. zeitlich schwankenden Einspeisung von Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen erfolgen sollte.


Ansatzpunkt Day-Ahead- und Intraday-Handel


Die Gründe für den unflexiblen Betrieb liegen unter anderem in der aktuellen Vergütungsstruktur des EEG, die eine Stromproduktion unabhängig vom Bedarf fördert. Es fehlt aber auch an Preissignalen der Spotmärkte (Day-Ahead- und Intraday-Handel) an der Strombörse. Hier haben die Preisspreads, also die Preisunterschiede der Höchstpreise zum Durchschnittspreis, kein ausreichendes Niveau, um die höheren operativen Kosten des flexiblen Anlagenbetriebs zu refinanzieren.


Hier setzt das Vorhaben an. Ziel des Projekts „Flexsignal – Konzepte für eine bedarfsgerechte, kosteneffiziente und klimaschonende Stromerzeugung durch Bioenergieanlagen“ ist es, neue Konzepte zu entwickeln, mit denen die vorhandene technische Flexibilität von Bioenergieanlagen nun auch aktiviert und dem Stromsystem zur Verfügung gestellt werden kann. Entwickelt wurden die Konzepte dabei federführend durch das UFZ. Die Auswirkungen der Konzepte auf die Anlagenfahrweise werden durch das DBFZ auf Einzelanlagenebene und für verschiedene Technologiegruppen modelliert. Welche Effekte eine verstärkt flexible Stromproduktion durch Bioenergieanlagen auf der Ebene des deutschen und europäischen Elektrizitäts- und Wärmemarkt hat, wird durch die Universität Duisburg-Essen untersucht.


Bonus-/Malus-System verstärkt Preissignale an den Spotmärkten


Es sollen Konzepte entwickelt werden, die Betreibern von Bioenergieanlagen einen Anreiz zur flexiblen Fahrweise bieten, damit diese die Stromproduktion stärker am jeweils aktuellen Bedarf ausrichten. Um dies zu erreichen, wurde ein Bonus-/Malus-System entwickelt, das die Preissignale an den Spotmärkten gezielt verstärkt. Dafür werden die sechs Tagesstunden mit den höchsten Preisen mit einem Bonus und die sechs Tagesstunden mit den tiefsten Preisen mit einem Malus versehen. Die Preise spiegeln somit die jeweilige Bedarfssituation wider. Durch das Bonus-/Malus-System entsteht ein Anreiz, die jährlich produzierbare Strommenge, die sonst durch die Höchstbemessungsleistung limitiert ist, genau dann zu produzieren, wenn am meisten Bedarf besteht.


„Die bisherigen Ergebnisse der Modellierungen zeigen sehr eindeutig, dass durch die flexible Anlagenfahrweise und unter Berücksichtigung der Konzepte deutliche Mehrerlöse im Vergleich zu einer kontinuierlichen Einspeisung möglich sind“, sagt Projektkoordinator Michael Steubing (UFZ). Die entwickelten Konzepte entfalteten eine gezielte Anreizwirkung zur Stromproduktion in den hochpreisigen Stunden. „Interessant zu beobachten ist, dass auch bei bestehenden Restriktionen, z. B. durch Wärmelieferverpflichtungen, eine flexible Anlagenfahrweise mit dadurch entstehenden Mehrerlösen möglich ist.“


Entwickelte Konzepte erlauben Mehrerlöse bei flexiblem Anlagenbetrieb


Setzt man die modellierten optimierten Anlagenfahrpläne in Bezug zur Residuallast zeigt sich, dass vermehrt die Residuallastspitzen bedient werden. Die Stromproduktion erfolgt also verstärkt dann, wenn der Bedarf (erneuerbaren) Stroms besonders hoch ist.


Die wesentlichen Handelsplätze für Flexibilität durch Bioenergieanlagen sind der Day-Ahead- und der Intraday-Handel (Spotmärkte). Konzepte die eine flexible Stromproduktion anreizen sollen, sollten hier ansetzen, halten die Forscher fest. An der EPEX Spot in Paris werden entsprechende kurzfristig lieferbare Strommengen gehandelt.


Im Day-Ahead-Handel werden in einer von Montag bis Freitag täglich stattfindenden Auktion Stunden- und Block-Produkte für den Folgetag gehandelt. Die Preisbildung erfolgt dabei nach dem Merit-Order-Prinzip, das letzte Kraftwerk das benötigt wird, um den Strombedarf zu einem bestimmten Zeitpunkt zu decken, bestimmt den Strompreis zu diesem Zeitpunkt. Dieser ist dann für alle Marktteilnehmer gleich („uniform pricing“).


Im kontinuierlichen Intraday-Handel kann dagegen rund um die Uhr gehandelt werden. So können Viertelstunden-Produkte noch bis zu 5 Minuten vor der physischen Lieferung ge- und verkauft werden. Hier erfolgt die Preisbildung nach dem „Pay as bid-Prinzip“, es gibt also für jedes Produkt einen individuellen Preis. Eine gehandelte Megawattstunde Strom kann hier also zum gleichen Zeitpunkt viele unterschiedliche Preise haben.


Ergebnis der Analysen ist, dass bei einer an den Konzepten orientierten flexiblen Anlagenfahrweise deutliche Mehrerlöse gegenüber einer unflexiblen Fahrweise generiert werden können. Dies gilt für eine Vermarktung des produzierten Stroms am Day-Ahead- und Intraday-Handel. Das Mehrerlöspotenzial steigt dabei mit zunehmender Flexibilisierung der Anlagen (Überbauungsgrad) an.


Die Modellergebnisse zeigen zudem, dass eine nach den Konzepten ausgerichtete, erlösoptimierte Anlagenfahrweise die Stromproduktionszeiten so verlagert, dass vermehrt Residuallastspitzen bedient werden, was zu einer Glättung des Residuallastverlaufes beitragen kann.