Der Branchendachverband BEE begrüßt zwar die Einführung einer systemischen Förderung für die Dekarbonisierung der Wärmenetze, kritisiert aber zugleich, dass die Ausgestaltung der Bundesförderung den erklärten Zielen der Richtlinie teils entgegenstehe. Aus Sicht der Bioenergiebranche droht der Wärmewende auf der Grundlage des Entwurfs eine Förderlücke im ländlichen Raum. Und auch die Geothermiebranche sieht eine Reihe von Schwachstellen. Letztlich geht es auch ums Geld – und hier reicht das Geplante aus Sicht der Erneuerbaren-Branche bei Weitem nicht.
„Der Finanzierungsplan der BEW ist im Hinblick auf den Umfang der zu transformierenden und auszubauenden Wärmenetze viel zu niedrig angesetzt“, sagt Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE). Dem Finanzierungsplan der BEW zum Klimasofortprogramm sei zu entnehmen, dass bis zum kommenden Jahr 346,8 Mio. € für die Finanzierung der BEW zur Verfügung ständen, heißt es in der Stellungnahme des BEE zum Richtlinienentwurf. Für die darauffolgenden Jahre 2023 bis 2025 sollten jeweils 54 Mio. € bereitgestellt werden, und für die Jahre nach 2025 108 Mio. € pro Jahr, bei einer vorläufigen Gesamtlaufzeit des Programms von 6 Jahren.
Auf dieser Basis bleibe großes Potenzial ungenutzt „und die bedeutende Rolle der Wärmenetze für den Klimaschutz weiter unterschätzt“. Die zu geringe Mittelausstattung verringere die notwendige Planungssicherheit und stehe dem Investitionswillen der kommunalen und privatwirtschaftlichen Investoren entgegen. „Die Haushaltsmittel sind zeitnah durch den Bundestag aufzustocken und ein Rechtsanspruch auf die Gewährung der Förderung einzuführen“, so Peter weiter.
„BEW-Entwurf benachteiligt Betreiber kleiner Wärmenetzprojekte“
Weiterhin kritisiert Peter, dass das Programm Betreiber kleiner Wärmenetzprojekte benachteilige. „Die Inanspruchnahme der MAP-Förderung für Wärmenetze in den letzten Jahren hat gezeigt, dass der Markt vor allem von kleinen Wärmenetzprojekten geprägt war. Diese werden durch die neue Förderrichtlinie gefährdet“, so Peter. Das BEW verweise für die Förderung kleiner Wärmenetzprojekte auf die Regelungen der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG). Diese sei bisher aber auf die Errichtung oder Erweiterung sogenannter „Gebäudenetze“ beschränkt, die ausschließlich der Versorgung von Gebäuden des Anlagenbetreibers dienen.
Kleine Projekte, die der Versorgung von Gebäuden anderer Eigentümer dienen, würden in der BEG bisher – „anders als im BEW-Förderrichtlinienentwurf dargestellt“ – eben gerade nicht gefördert. „Der kategorische Ausschluss der Förderung von kleinen Wärmenetzen aus dem Anwendungsbereich der BEW führt zu einer problematischen Förderlücke und benachteiligt sie stark gegenüber größeren Projekten. Der informellen, unverbindlichen Ankündigung, diese Lücke im Rahmen der BEG zu schließen, müsse so schnell wie möglich Rechtssicherheit folgen. „Die Förderung kleiner Wärmenetze bis 15 Gebäude bzw. bis zu 99 Anschlüsse muss in die BEG aufgenommen werden“, so Peter weiter. Andernfalls sei diese Förderung noch in die BEW-Förderrichtlinie aufzunehmen.
Hauptstadtbüro: „BEW-Entwurf reglementiert Einsatz von Biomasse allzu stark“
Auch die über das Hauptstadtbüro Bioenergie gemeinsam kommunizierenden Verbände kritisieren die fehlenden Regelungen zu Kleinstnetzen als „besorgniserregend“. Für die angekündigte Überarbeitung der erst unlängst auf den Weg gebrachten Bundesförderung effiziente Gebäude (BEG) gebe es noch keinen öffentlich bekannten Zeitplan. Es müsse auch darauf geachtet werden, dass es zu keiner systematischen Benachteiligung bei den Förderbedingungen komme und auch Betriebskostenzuschüsse gewährt werden, die so bisher in der BEG nicht vorgesehen sind. „Der Wärmewende gerade im ländlichen Raum droht daher eine Förderlücke“, sagt Sandra Rostek, Leiterin des Hauptstadtbüros Bioenergie (HBB). „Diese Unsicherheit muss dringend beseitigt werden.“
Der Bioenergie komme bei der Umstellung des Wärmebereichs auf erneuerbare Energien eine Schlüsselrolle zu, betonte Rostek anlässlich einer Verbändeanhörung im Bundeswirtschaftsministerium und wies auf weitere Kritikpunkte am vorgelegten Entwurf hin. Es sei kontraproduktiv, dass der Einsatz der Bioenergie im BEW-Entwurf „allzu stark reglementiert werden soll“. Eine Begrenzung des Biomasseeinsatzes, auch durch eine Begrenzung der Volllast- oder Betriebsstunden, hindere Projektierer daran, die Biomasse dort einzusetzen, wo andere Klimaschutztechnologien an ihre Grenzen stoßen – zu Lasten sowohl der Effektivität als auch der Effizienz des gesamten Fördersystems.
Bioenergie- und Geothermiebranche fordern ebenfalls Betriebskostenförderung
Zwar sei es nach intensiven Beratungen zumindest gelungen, Wärmenetze von einer Länge unter 20 Kilometern von den Begrenzungen auszunehmen, „was immerhin typische ländliche Wärmenetze mit überwiegend Biomasse weiterhin ermöglicht“. Insgesamt enthält der BEW-Entwurf aber noch „allzu viele Lücken, verpasste Chancen und handwerkliche Unsauberkeiten, die dringend noch der Nachbesserung bedürfen“. So sollte eine Betriebskostenförderung gerade für die Biomasse vorgesehen werden, „da insbesondere die Biomasse aufgrund der Brennstoffkosten einen Förderbedarf des Betriebs hat“.
Der Bundesverband Geothermie (BVG) sieht im BEW-Entwurf von Mitte Juli immerhin eine „geeignete Grundlage“, dass die Geothermie einen „beachtlichen Beitrag“ zur Wärmeversorgung zu leisten könne. Das Förderprogramm habe für den Ausbau der Tiefen Geothermie und der netzgebundenen Oberflächennahen Geothermie eine „herausragende Bedeutung“. Erforderlich seien gleichwohl „wesentliche Nachbesserungen“ für geothermische Anlagen im Förderprogramm.
BVG: Umfassende Fündigkeitsversicherung bleibt trotz Verbesserungen nötig
Der BVG kritisiert unter anderem eine durch den Entwurf fehlende Investitionssicherheit, die fehlende Betriebskostenförderung für Geothermie-Anlagen sowie die fehlende Berücksichtigung geothermischer Untergrundspeicher. Auch die geplante Laufzeit der Richtlinie sowie die Begrenzung auf drei förderfähige Bohrungen– der BVG fordert acht – seien zu korrigieren.
Im Detail verbessere der Entwurf in seiner jetzigen Form die Fündigkeitsabsicherung für Geothermie-Projekte, das Fehlen einer vollständigen Fündigkeitsversicherung bleibe für kleine und mittlere Stadtwerke sowie private Investoren aber eine wesentliche Hürde bei der Umsetzung von Geothermie-Vorhaben. Ausschlaggebend für die Förderung einer Anbindung einer erneuerbaren Wärmeerzeugungsanlage an Fernwärmenetze sollte zudem nicht sein, dass die Anlage neu ist, sondern dass sie erneuerbare Wärme erzeugt.
Wie die Bioenergiebranche kritisiert auch der Geothermieverband die geplante Ausgestaltung der Betriebskostenförderung. „Die hocheffizienten Wärmeerzeuger oberflächennahe und tiefe Geothermie werden durch die vorgesehene einseitige Betriebskostenförderung für Solarthermie und Wärmepumpen massiv benachteiligt“, hält der BVG fest. Der Bundesverband schlägt in seiner Stellungnahme zur Richtlinie vor, die Wirtschaftlichkeitslücke gegenüber fossilen Netzen durch eine einheitliche Betriebskostenförderung von 4 ct/kWh für nachgewiesene Stromkosten zu schließen.