„Energiesystem Stadt“: Werkzeugkasten unterstützt bei der urbanen Energiewende


Der Fokus liege auf der Verzahnung von technologischen, ökonomischen und planerischen Aspekten und einer zentralen Anlaufstelle für Kommunen, Immobilienwirtschaft, Versorger, Industrie und Planer, heißt es von Seiten des Fraunhofer IEE.


„Städte bergen enorm große Potenziale für Klimaschutzmaßnahmen, da sich hier bei Energieeffizienz und -erzeugung zahllose Synergieeffekte herbeiführen lassen“, sagt Dietrich Schmidt, Abteilungsleiter Thermische Energiesystemtechnik beim Fraunhofer IEE in Kassel. Die Wissenschaftler wollen Akteure unterstützen, diese Chancen zu nutzen. Mit den im Forschungsschwerpunkt „Energiesystem Stadt“ entwickelten und in der Praxis erprobten Angeboten helfe man dabei, integrierte Systeme für eine klimafreundliche Energieversorgung aufzubauen.


Die Transformation städtischer Energiesysteme beginne mit der Definition des Bilanzraumes sowie der Ziele. Dann erfolgt das Erfassen des Status Quo. Auf dieser Basis werden Geschäftsmodelle entwickelt, Szenarien simuliert und die Umsetzung geplant. Das Vorhaben wird realisiert und ein Monitoring etabliert. Über den laufenden Vergleich der erhobenen Werte mit den zuvor festgelegten Sollwerten lässt sich im Nachgang gewährleisten, dass die eingangs definierten Ziele in der Praxis zuverlässig erreicht werden.


Für die Umsetzung bietet das Fraunhofer IEE eine Vielzahl aufgabenspezifischer Werkzeuge – etwa InvestScope für die Berechnung der Wirtschaftlichkeit unterschiedlicher Transformationspfade, EnergyAnts für die zeitliche und räumliche Simulation von Energiesystemen, EnergyPilot für Energiemanagement und Betriebsoptimierung. Auch Pandaplan (Detailplanung und Betrieb von Strom-, Gas- und Wassernetzen), beeDIP (Netzführung) und EnergyConnect (Virtuelle Kraftwerke) stehen als Tools zur Verfügung.


Planung der Wärmeversorgung von Quartieren und Städten


Einen besonderen Stellenwert im Werkzeugkasten des Fraunhofer IEE hat EQ-City, ein Instrumentenbündel für die Planung der Wärmeversorgung von Quartieren und Städten. Mit EQ-City könnten kommunale Experten, Versorger oder Planer verschiedene zentrale wie dezentrale Versorgungskonzepte vergleichen und bewerten, sowie direkt eine Auswertung zur Vorlage bei Entscheidungsträgern erhalten, betonte das Fraunhofer IEE. Ebenso ermögliche die Lösung eine einfache und effiziente Vorplanung speziell von leitungsgebundenen Systemen für die Wärmeversorgung.


EQ-City unterstützt die Experten auf diesem Weg unter anderem bei der Wärmebedarfsermittlung von Neubau- und Bestandsquartieren sowie bei der Auslegung der leitungsgebundenen Wärmeversorgung oder von Einzellösungen mit Speichern und Technologien der Sektorkopplung. Des Weiteren ließen sich mit EQ-City Energieflüsse und Umweltfaktoren bilanzieren und bewerten, umfassende Wirtschaftlichkeitsanalysen vornehmen und mittels detaillierter Nutzwertanalysen Systemvergleiche durchführen.


Flexibles Testnetz mit angeschlossenen Versuchs- und Prüfständen


Mit dem District LAB bietet das Fraunhofer IEE Netzbetreibern, Versorgern, Systemplanern und Komponenten-Herstellern umfangreiche Experimentier- und Testmöglichkeiten für die leitungsgebundene Wärmeversorgung. Mit Unterstützung der Fraunhofer-Forscher können sie hier Lösungen, Produkte und Betriebsmodelle experimentell entwickeln, untersuchen und validieren.


„Im Kern besteht das District LAB aus einem flexiblen Testnetz mit angeschlossenen Versuchs- und Prüfständen für Quartiers-Wärmeerzeuger sowie einer Teststrecke für Experimente mit Rohrleitungen“, erläutert Anna Kallert, Abteilungsleiterin Thermische Energiesystemtechnik. Durch mehrere Hardware-in-the-Loop-Einheiten sowie ein digitales Leit- und Regelungssystem ließen sich die Betriebszustände zu jedem Zeitpunkt exakt einstellen und messtechnisch erfassen.


Eine zentrale Voraussetzung für das Gelingen einer urbanen Energiewende ist es nach Überzeugung der Wissenschaftler, alle relevanten Akteure eng in die Diskussions- und Entscheidungsprozesse einzubinden. Deshalb lege das Fraunhofer IEE in der Prozessbegleitung besonderes Augenmerk auf die planerischen und kommunikativen Aspekte der Transformation: Ein geführter Entscheidungsprozess und innovative, erprobte Kommunikations- und Kollaborationsformate wie zum Beispiel Decision Theater machen es möglich, gemeinsam bessere Entscheidungen zu treffen.


Das Hessische Wissenschaftsministerium hat das Fraunhofer IEE beim Aufbau des Kompetenzfeldes „Energiesystem Stadt“ in den vergangenen drei Jahren mit insgesamt sechs Mio. € gefördert.