658 TWh: BMWi veröffentlicht Details zur Stromverbrauchsprognose für 2030


Das Bundeswirtschaftsministerium hat jetzt die Ergebnisse der ausführlichen Analyse zum Strombedarf im Jahr 2030 bekannt gegeben. Nachdem das BMWi bereits im Juli eine Spanne zwischen 645 TWh und 665 TWh angegeben hatte, kommt jetzt eine Präzisierung, nach der die Gutachter mit einem Anstieg des Bruttostromverbrauchs im Jahr 2030 auf 658 TWh rechnen. Das wäre gegenüber 2018 (595 TWh) ein Anstieg um elf Prozent. Die Prognose liegt damit noch immer deutlich unter den Zahlen, die etwa der Bundesverband Erneuerbare Energie (745 TWh) oder auch der BDI (722 TWh Nettostromnachfrage im Jahr 2030) berechnet haben.


Haupttreiber für den Anstieg des Stromverbrauchs sind laut den Berechnungen, die auf Szenarioanalysen von Prognos beruhen, der Verkehrssektor, die elektrischen Wärmepumpen in Gebäuden und Wärmenetzen, die Erzeugung von Elektrolyse-Wasserstoff sowie die Produktion von Batterien. Die gesteigerte Stromeffizienz und der rückläufige Kraftwerkseigenverbrauch dämpften den Anstieg des Stromverbrauchs. Zu einem Rückgang des Stromverbrauchs komme es auch im Bereich der sonstigen Umwandlung (Bergbau, Kokereien, Raffinerien, Öl- und Gasförderung), heißt es weiter.


Elektromobilität


Haupttreiber des Verbrauchsanstiegs ist der Verkehrssektor. Insbesondere die gesteigerte Elektromobilität im Straßenverkehr trägt zum Anstieg bei (+68 TWh). Davon entfallen rund 44 TWh auf die Pkw, 7 TWh auf leichte Nutzfahrzeuge und 17 TWh auf schwere Nutzfahrzeuge. Wird zusätzlich der Stromverbrauch für Busse und Zweiräder hinzugezählt, ergebe sich im Jahr 2030 insgesamt ein Stromverbrauch für die Elektromobilität von rund 70 TWh (ohne Schienenverkehr).


Die Zahl der Batterieelektrischen Fahrzeuge (BEV) steigt im betrachteten „Szenario 1“ bis zum Jahr 2030 auf 16 Mio. Pkw, hinzukommen 2,2 Mio. Plug-in-Hybride (PHEV). Im Jahr 2018 gab es erst rund 100.000 Elektro-Pkw, der damit verbundene Stromverbrauch lag bei schätzungsweise 0,3 TWh.


Schienenverkehr


Durch die starke Förderung des Schienenverkehrs steigt der Anteil des Schienenverkehrs an der Verkehrsleistung deutlich, sowohl beim Personen- als auch beim Güterverkehr. Der Stromverbrauch des Schienenverkehrs erhöht sich im Szenario 1 zwischen 2018 und 2030 um 5 TWh auf 16 TWh.


Wasserstoff-Elektrolyse


„Grüner Wasserstoff wird ein wichtiger Baustein zur Dekarbonisierung der Energieversorgung. Wasserstoff erlangt zudem auch als Ausgangsprodukt in der Industrie an Bedeutung (Nichtenergetischer Verbrauch)“, heißt es in einem Kurzpapier zum Gutachten weiter. Bis zum Jahr 2030 steigt der Einsatz von grünem Wasserstoff im Szenario 1 auf 37 TWh (2018: 0 TWh). Davon werden rund 40 Prozent in den Endverbrauchssektoren (Industrie, Verkehr) und weitere rund 40 Prozent im Sektor Energiewirtschaft eingesetzt. Rund 20 Prozent entfallen auf den Nichtenergetischen Verbrauch.


Nur ein Teil des benötigten Wasserstoffs wird inländisch erzeugt. Bis zum Jahr 2030 steige die inländische Wasserstoffproduktion auf rund 12,5 TWh Wasserstoff. Ein Teil davon wird verwendet um synthetischen Diesel zu produzieren, ein Teil wird direkt als Wasserstoff genutzt. Der Stromverbrauch für die Produktion der 12,5 TWh Wasserstoff beläuft sich auf knapp 20 TWh. Die im Inland installierte Leistung der Elektrolyseure liegt im Jahr 2030 bei 6,5 GW, heißt es im Bericht weiter.


Die Vorabschätzung vom Sommer 2021 sei von einer höheren inländischen Wasserstoffproduktion ausgegangen, die bis zum Jahr 2030 einen Stromverbrauch von 30 TWh induziert. „Die geringere Produktion (und der geringere Stromverbrauch) im Szenario 1 ist hauptsächlich auf den im Szenario unterstellten niedrigeren Ausbaupfad der Windenergie zurückzuführen“, schreiben die Gutachter. Die installierte Leistung für Wind offshore steigt im Szenario 1 bis zum Jahr 2030 auf 21 GW (Vorabschätzung: 26 GW).


Daraus ergebe sich ein geringeres Potenzial für die Erzeugung von grünem Wasserstoff. Der im Szenario 1 resultierende Hochlauf decke sich gut mit der nationalen Wasserstoffstrategie. Die inländische Erzeugung liegt bei etwa einem Drittel des Bedarfs und damit auf einem ähnlichen Niveau wie im Szenario „Klimaneutrales Deutschland 2045“.


Wärmepumpen


Elektrische Wärmepumpen gewinnen im Wärmesektor zunehmend an Bedeutung. Im Szenario 1 erhöht sich die Zahl der installierten Wärmepumpen von annähernd einer Mio. im Jahr 2018 auf 5,5 Mio. im Jahr 2030. Nicht berücksichtigt sind dabei kleine ungekoppelte Warmwasser-Wärmepumpen zur Erzeugung von Warmwasser. Der Großteil der Wärmepumpen steht der Projektion zufolge in Wohngebäuden, ein geringer Teil in Nichtwohngebäuden. Bei den Nichtwohngebäuden handelt es sich in der Regel um größere Gebäude (und leistungsstärkere Wärmepumpen).


Mit den 5,5 Mio. Wärmepumpen ist ein Stromverbrauch von rund 33 TWh verbunden (2018 knapp 7 TWh). Gleichzeitig nimmt auch der Einsatz von Großwärmepumpen bei der Fernwärme zu (+9 TWh). Insgesamt steigt der Stromverbrauch der Wärmepumpen im Zeitraum 2018 bis 2030 im Szenario 1 um 35 TWh auf rund 42 TWh. Werden zusätzlich die kleinen ungekoppelten Warmwasser-Wärmepumpen hinzugezählt, steigt der Stromverbrauch der Wärmepumpen um zusätzliche 3 TWh auf insgesamt 45 TWh.


Batteriefabriken und Rechenzentren


Durch den Betrieb von Batteriefabriken, insbesondere für Elektroautos, entstehen neue industrielle Großverbraucher, die im Szenario 1 einen erwarteten Stromverbrauch im Jahr 2030 von annähernd 15 TWh haben, gegenüber 0 TWh im Jahr 2018. Bei Rechenzentren ergibt sich im Szenario 1 hingegen ein leichter Rückgang um etwa 2 TWh gegenüber 2018. Durch die zunehmende Bedeutung von großen (Hyperscale-)Rechenzentren, die effizienter als kleine Rechenzentren sind, und weitere Fortschritte bei der Hardware- und auch Softwareeffizienz komme es trotz einer weiter fortschreitenden Digitalisierung nicht zu einem höheren Stromverbrauch. In Summe steigt damit der Stromverbrauch für Batteriefabriken und Rechenzentren bis zum Jahr 2030 um 13 TWh gegenüber 2018.


Verbrauchssenkende Faktoren


Eine Steigerung der Energieeffizienz bei einer Vielzahl an Anwendungen verringere bei „konventionellen“ Anwendungen den Stromverbrauch, unter anderem bei Haushaltsgeräten, der Beleuchtung und Haustechnik (Lüftungsanlagen, Umwälzpumpen). Auch bei strombasierten gewerblichen und industriellen Antrieben und Prozessen wird im Szenario 1 durch Effizienz Strom eingespart. „Hervorzuheben sind hier insbesondere die Querschnittstechnologien, bei denen z. B mit effizienteren Motoren der Stromverbrauch bei Kompressoren und Drucklufterzeugung verringert wird.“ In Summe sinkt der Stromverbrauch durch Effizienz und Struktureffekte bis zum Jahr 2030 um 51 TWh gegenüber 2018.


Der Kraftwerkseigenverbrauch sinkt im Szenario bis zum Jahr 2030 gegenüber 2018 von 34 TWh um 22 TWh auf 12 TWh. Die Gründe dafür liegen den Angaben zufolge in der niedrigeren Stromerzeugung aus Wärmekraftwerken und dem niedrigeren Eigenverbrauch von Gaskraftwerken verglichen mit Kernkraftwerken und Kohlekraftwerken. Eine Reduktion des Strombedarfs bei der sonstigen Umwandlung von 12 TWh im Jahr 2018 auf 6 TWh im Jahr 2030 (-6 TWh) ergibt sich vorwiegend durch einen Rückgang bei der Braunkohleförderung und bei der Produktion von Mineralölerzeugnissen. Der Strombedarf für Erdöl- und Erdgasförderung und Kokereien geht ebenfalls zurück. In der Modellierung wird von einem konstanten Anteil der Netzverluste von 4,5 Prozuent am Bruttostromverbrauch ausgegangen. Entsprechend steigen die Netzverluste proportional zum Strombedarf an.